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Markt wirkt

27.08.15 (Baden-Württemberg, Kommentar) Autor:Stefan Hennigfeld

DB Regio hat die erste Vergabe in Baden-Württemberg gewonnen und ist am Ende doch nicht der Sieger der politischen Auseinandersetzung. Denn, ähnlich wie bei der Vergabe der nordrhein-westfälischen S-Bahnlinien S5 und S8 unmittelbar nach dem Abellio-Urteil, behält DB Regio zwar den Auftrag, büßt aber ungemein viel Rendite ein. Interessant ist dabei folgendes: Nachdem man bei der Deutschen Bahn den jüngsten Gewinneinbruch ja mit angeblich gesunkenen Einnahmen erklären wollte, bei näherer Betrachtung aber herauskam, dass bei steigendem Umsatz die Kosten offensichtlich massiv in die Höhe geschnellt sind, treten hier gegenteilige Effekte auf: Es sinkt tatsächlich der Umsatz.

Nicht nur dass das Bestellerentgelt geringer ist, die Fahrgeldeinnahmen verbleiben in Zukunft ebenfalls beim Aufgabenträger und kommen nicht mehr im Rahmen verschiedene Anreizregelungen dem Verkehrsunternehmen zugute. Wenn man bedenkt, dass DB Regio jetzt mit neu angeschafften Zügen fährt, die man finanzieren muss (und nicht mehr mit stark veraltetem Rollmaterial aus den Beständen der alten Bundesbahn, die der DB AG bei ihrer Gründung auf Kosten des Bundeseisenbahnvermögens geschenkt worden sind), dann sinkt der Umsatz extrem, die Kosten steigen, aber das ist ein Problem des Konzerns. Übrigens, auch wenn DB Regio das Angebot des Finanzierungsmodells bei der Anschaffung der Züge nutzt, so muss man dann eben statt Abschreibungen die Mietkosten für die Fahrzeuge finanzieren.

Aber es zeigt, dass man offensichtlich auch bei der Deutschen Bahn erkannt hat, dass es Vorteile hat, die Fahrzeuge nicht selbst zu beschaffen. Auch wenn sie im Anschluss an den achtjährigen Verkehrsvertrag eben nicht mehr dem konzerninternen Gebrauchtfahrzeugmarkt zur Verfügung stehen, sondern im Netz verbleiben – unabhängig davon, ob DB Regio oder jemand anders ab 2025 dort fahren wird. Insgesamt kann man zufrieden sein: Ein alter Preis wird durch einen marktgerecht zustande gekommenen Vertrag abgelöst und im Interesse der Gemeinschaft der Steuerzahler sowie der Eisenbahn als Verkehrsträger kann man hier nur sagen „gut so“. Darüber hinaus ist ja auch davon auszugehen, dass die Controllingmechanismen im neuen Vertrag deutlich strenger sein werden als im alten. Allen praktischen Erfahrungen zufolgen sorgt ein umfassendes Controlling, und zwar auch schon während der Vorbereitung der Betriebsaufnahme, für verlässliche Qualität.

Das, was beim VDV unter dem Schlagwort „überzogenes Pönaleregime“ läuft, sorgt in der Realität dafür, dass der SPNV in angemessener Qualität über die Bühne geht und dass der Betreiber aufgrund der Strukturen im Verkehrsvertrag ein ökonomisches Eigeninteresse an guten Leistungen hat. Das gilt auch bei Bruttoverträgen. Diese sind die Grundlage dafür, dass die höheren Markteinnahmen bei steigenden Fahrgastzahlen im System verbleiben. Wenn der Betreiber das Geld kriegt, ist es weg – kommt es aber zum Aufgabenträger, kann dieser davon mehr Leistungen bestellen. Deswegen hat man in Baden-Württemberg auf multiple Art und Weise richtig und vernünftig gehandelt.

Siehe auch: DB Regio gewinnt Ausschreibung im Ländle

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