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Der brisante Zeitpunkt

27.07.15 (Kommentar, Verkehrspolitik) Autor:Stefan Hennigfeld

Alle zwei Jahre veröffentlicht die Monopolkommission ihr Gutachten zum Eisenbahnwesen und immer wieder mahnt sie (zurecht) Diskriminierungspotential an legt dar, dass der integrierte Konzern aus sich heraus ein Problem ist und dass eine Trennung von Netz und Betrieb aus ordnungspolitischen Gründen geboten wäre. Aktuell ist das Gutachten besonders brisant, weil die Bahn nächste Woche einige Strukturreformen bekanntgeben will.

Es halten sich zwar alle möglichen Gerüchte, aber im Moment weiß noch keiner was. Nur: Man stelle sich mal vor, der Bahnvorstand entscheidet sich, aus dem Güterverkehrsmarkt auszutreten. Ein Verkauf von DB Schenker geisterte ja bereits durch die Medien. Nur Schenker Logistics oder vielleicht wirklich DB Schenker Rail? Sollte die deutsche Staatseisenbahn sich dazu entscheiden, wirklich keine Güter mehr zu speditieren, nicht einmal auf der Schiene? Im Regionalverkehr sinkt der Marktanteil: Im Freistaat Thüringen wird es 2016 nur noch rund ein Drittel sein, in Nordrhein-Westfalen sinkt der Anteil an der SPNV-Verkehrsleistungen mit den RRX-Vergaben auf unter fünfzig Prozent und wer weiß, was bei der S-Bahn noch folgt.

Auch in Baden-Württemberg sorgt eine Loslimitierung dafür, dass der Marktanteil von DB Regio in jedem Fall sinken wird. Dort, wo man sich im Wettbewerb gegen andere durchsetzen kann, sinkt die Rendite. Es gibt keine lukrativen Direktvergaben mehr, die sich noch dadurch verstärken, dass der Aufgabenträger dynamisierte Bestellerentgelte damit kompensiert, dass Leistungen abbestellt werden und DB Regio für konstante Geldflüsse immer weniger Leistungen erbringen muss. So war das in Nordrhein-Westfalen vor dem Abellio-Urteil, als es zuletzt jedes Jahr im Dezember und später auch im Juni immer neue Leistungskürzungen gab, um die teure Direktvergabe zu finanzieren, die dann gekippt worden ist. All das ist größtenteils vorbei und bei der Deutschen Bahn muss man die Stellung im Markt noch finden.

Ist es wirklich Sache des deutschen Staates, innerchinesischen LKW-Verkehr zu betreiben? Dass man mit Arriva in den Personenverkehr anderer Länder expandiert, ist durchaus vernünftig, schließlich sind ja auch viele europäische Staatseisenbahnen auf der deutschen Schiene unterwegs. Doch gerade wenn man sich bei der Bahn komplett umstrukturieren will bedeutet das für die Eisenbahnpolitik in Deutschland, dass man sich nicht mehr in die einseitige Abhängigkeit der Ex-Bundesbahn begeben sollte. Schon vor Jahren hieß es in einem Welt-Artikel, dass vielen Regionalstrecken im SPNV das Aus drohen würde, weil DB Regio sich künftig nur noch an einigen wenigen, ausgewählten Ausschreibungen beteiligen will.

Deswegen müssen die politischen Stellen nun dafür sorgen, dass die Betreiberlandschaft vielfältiger wird und mehr Unternehmen Anreize haben, sich auf dem deutschen Markt zu engagieren. Die Monopolkommission stellt ihren Bericht zum politisch richtigen Zeitpunkt vor. Nun sollte die Bundesregierung das zum Anlass nehmen und über die künftige Organisation im Eisenbahnwesen nachdenken und sich vergegenwärtigen, dass der Konzern nicht deckungsleich mit der Schiene ist.

Siehe auch: Monopolkommission legt Eisenbahngutachten vor

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