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RRX: Zuschlag rechtsverbindlich erteilt

02.07.15 (go.Rheinland, Hessen, Nordrhein-Westfalen, NWL, Rheinland-Pfalz, VRR) Autor:Stefan Hennigfeld

Eines der größten und politisch umstrittensten Vergabeverfahren in der Geschichte der Eisenbahnreform ist Anfang dieser Woche zu Ende gegangen: Der Zuschlag für den Betrieb wurde rechtsverbindlich an die National Express Rail GmbH (Lose 2 und 3) und die Abellio Rail NRW GmbH (Los 1) erteilt. Dies konnte geschehen, weil die Einspruchsfrist ausgelaufen ist, ohne dass ein unterlegener Bieter eine Beschwerde eingereicht hätte. Damit ist klar, dass die beiden Unternehmen die von Siemens gelieferten und am Standort Dortmund-Eving gewarteten Fahrzeuge fahren werden.

Bei Abellio zeigte man sich am Montag sehr erfreut. Stephan Krenz, Vorsitzender der Geschäftsführung der Abellio GmbH: „Wir freuen uns sehr, diesen Auftrag realisieren zu dürfen und werden alles daran setzen, unseren hohen Qualitätsanspruch auch auf diesen Strecken in NRW umzusetzen.“ Sein Kollege Ronald Lünser, Geschäftsführer und Eisenbahnbetriebsleiter der Abellio Rail NRW GmbH, zeigt sich ebenfalls zufrieden: „Jetzt ist der Auftrag perfekt. Das ist Ansporn und Herausforderung zugleich. Ich danke allen, die an diesem langjährigen und letztlich erfolgreichen Projekt mitgearbeitet haben. Das Abellio-Team hat unter Beweis gestellt, dass wir im Wettbewerb auf der Schiene sehr gut aufgestellt sind. Jetzt gilt es, die Betriebsaufnahme professionell nach unseren Standards vorzubereiten.“

Juristisch begleitet wurde das Verfahren von der Kanzlei Heuking aus Düsseldorf. Christopher Marx, der in der Kanzlei für die Ausarbeitung der Verträge zuständig war, erklärt die erfolgreiche Vergabe: „Es gibt zwei Gründe: Erstens, die Verbünde haben nachgedacht, bevor sie gestartet sind und stets mit einer klaren Struktur gearbeitet. Zweitens, die Vergaben wurden auf einen transparenten und fairen Wettbewerb ausgerichtet.“

Der Marktanteil von DB Regio im SPNV zwischen Rhein und Weser sinkt somit erstmals auf unter fünfzig Prozent. Das Verfahren war Gegenstand einer langen öffentlichen Debatte, bei der DB Regio u.a. kritisierte, dass andere EVU von deutlich geringeren Löhnen profitieren würden. In einem Interview mit der Rheinischen Post bezifferte Heinrich Brüggemann, Geschäftsführer von DB Regio NRW, den Lohnunterschied in Bezug auf Verdienst und Arbeitszeit im Vergleich zu Wettbewerbsbahnen auf 14 Prozent. Die Aufgabenträger und die GDL widersprachen dieser Darstellung und machten ihrerseits nicht marktfähige Verwaltungsstrukturen im DB-Konzern verantwortlich. Die Kostenstrukturen der Bieter lassen ebenfalls keine Rückschlüsse darauf zu, dass DB Regio in Sachen Lohnkosten deutlich teurer sei als die übrigen Bieter. In den drei Losen habe es zudem verschiedene Bieter mit den jeweils höchsten Ausgaben für Mitarbeiter gegeben.

Noch in diesem Jahr muss eine Entscheidung über die Vergabe der S-Bahnleistungen her und es sieht danach aus, als würden ähnliche Modalitäten zur Anwendung kommen. Es besteht sogar die Möglichkeit, dass es hierbei Loslimitierung geben wird, auch als Reaktion auf die erheblichen Auswirkungen der Streiks durch die GDL bei DB Regio. Insgesamt können Streiks bei nur einem Unternehmen den SPNV insgesamt künftig nicht mehr komplett lahmlegen, da Nordrhein-Westfalen bereits heute eine sehr heterogene Betreiberlandschaft hat, was sich in den kommenden Jahren noch verstärken wird.

Die RRX-Ausschreibung hat mehrere Jahre gedauert und aufgrund der Verfahrenslänge musste eine Zwischenvergabe für die Zeit ab 2016 durchgeführt werden, wobei die Verträge ab 2018 allesamt in Halbjahresfristen kündbar sein werden. Dies läuft anders als in Berlin, wo es aktuell danach aussieht, dass die dortige S-Bahnvergabe komplett vor die Wand fährt. Hier laufen die Verfahren seit drei Jahren; eine geplante Vergabe wurde vor dem Kammergericht auf Ini-tiative der zur Deutschen Bahn AG gehörenden S-Bahn Berlin GmbH gestoppt, andere Bieter sind aufgrund unzumutbarer Bedingungen ausgestiegen.

Rechtsanwältin Ute Jasper, bei Heuking Leiterin der Abteilung Vergaberecht: „Innerhalb von 18 Monaten wurde das Vier-Milliarden-Euro-Projekt RRX strukturiert und vergeben. Der Hersteller entwickelt dafür Premiumzüge für den Nahverkehr, die energiesparend und wartungsfreundlich wie nie zuvor sind. Erstmals wurde der Wettbewerb auf die Gesamtwirtschaftlichkeit der Fahrzeuge ausgerichtet. Das senkt die Gesamtkosten und schont die Umwelt.“ Das sei, gerade mit Blick auf die Probleme in Berlin, ein besonderer Erfolg – während man in Berlin noch immer ohne Lösung und Konzept dasteht.

Siehe auch: Der Benchmark auch für Berlin

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