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Das Smartphone als Eintrittskarte

11.06.15 (Kommentar, Verkehrspolitik) Autor:Stefan Hennigfeld

Verkehrsverbünde haben Ringe oder Waben, Zonen oder Stufen: Nur weil Herr Meier die Struktur seines heimischen Verkehrsverbundes irgendwann gelernt hat, heißt das noch nicht, dass er woanders auch zurechtkommt. Es gab schon bayerische Besucher in Hamburg, die im HVV nach Ringen gesucht haben und die elendige Frage, wann ein Fahrschein noch entwertet werden muss und wann nicht, kann oft kein Mensch genau beantworten, aber im Zweifel kostet es vierzig und bald sechzig Euro. Natürlich ist dann der Nutzer schuld, er muss sich schließlich besser informieren (oder, und wie der bundesweite Modal Split zeigt, ist das die Regel, mit dem Auto fahren).

Bemerkenswert ist jedoch, dass Smartphonehersteller es ganz ohne Probleme schaffen, Geräte auf den Markt zu bringen, die sich intuitiv bedienen lassen. Das ist ja klar, sonst würden sie sich nicht verkaufen. Während manche Verkehrsverbünde stolz drauf sind, dass sie VHS-Kurse zu ihren oft grotesken Tarifstrukturen anbieten. In einem Fall, aber vermutlich haben die beteiligten Personen die darin enthaltene Realsatire bis heute nicht erkannt, wurde sogar darauf hingewiesen, dass am Veranstaltungsort ein ausreichendes Parktplatzkontingent vorhanden ist.

Aber oft hört man aus der Eisenbahnerszene Sprüche wie „Der Nutzer kann ein Smartphone bedienen, also kann er auch einen Fahrscheinautomaten bedienen.“ Nun mag eine solche Überzeugugung Folge einer mangelhaften Nutzerorientierung sein, aber das Stichwort Smartphone ist schon richtig: Sowohl im eigenen Verkehrsverbund als auch für den Fall dass jemand auswärts mit Bussen und Bahnen fährt, ist das Smartphone der Schlüssel zu genau dem intuitiven Zugang, den die ÖV-Branche seit Jahrzehnten nicht in der Lage ist, bereitzustellen.

Jeder Verkehrsverbund hat seine eigene App, ja sogar jedes kommunale Verkehrsunternehmen. Oft können die Programme alle das gleiche, sehen aber unterschiedlich aus. Welche App muss ich denn haben? Funktioniert der DB-Navigator auch für die Busfahrt zwischen Trauchgau und Füssen im bayerischen Landkreis Ostallgäu? Noch immer steht viel zu oft der schöne Satz „Preisauskunft nicht möglich“ in den elektronischen Medien der Deutschen Bahn, weil Verbundtarife gesondert abgerechnet werden. Es braucht also eine Vereinheitlichung und nachdem das unter dem Dach des VDV erdachte Handyticket Deutschland am Markt gescheitert ist, ist der Ansatz, dass die Verbundapps über zu definierende Schnittstellen auch Fahrplan- und -preisauskünfte für den Fernverkehr und andere Verbünde ausgeben können, genau richtig.

Und dann muss es weiter gehen: Da gehören auch Carsharingsystem rein, konventionelle Mietwagen, Fernbusse, Taxiruffunktionen und alles, was man braucht, um das Leben ohne (eigenes) Auto optimal zu gestalten. Dabei müssen Echtzeitinformationen und Vertriebsdaten auch bei unterschiedlichen EVU ermöglicht werden, denn im bestellten SPNV ist es egal, ob der Zug verkehrsrot, silber, gelb, grün, gestreift oder gepunktet ist. Es ist wichtig zu wissen, wann und wohin er fährt, auch wenn die Betreiberlandschaft in Zukunft bunter werden wird: Der Fahrgast aber braucht verlässliche Informationen!

Siehe auch: DB AG treibt Digitalisierung voran

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