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German Angst

01.06.15 (Kommentar, Verkehrspolitik) Autor:Stefan Hennigfeld

Wenn man einen britischen Eisenbahner kurz vor einem Betreiberwechsel fragt, was er demnächst macht, ist er entspannt. Gute Leute sind gefragt. Auch in Deutschland dürfte es wohl keine gelernten Triebfahrzeugführer, Mechatroniker oder Personen in ähnlichen Berufsgruppen geben, die in der Arbeitslosigkeit stecken. Erst recht gibt es niemanden, der aus dem DB-Konzern ausscheiden oder in diesem mehrere hundert Kilometer weit versetzt werden muss, weil eine Wettbewerbsbahn ihn nicht einstellen möchte bzw. nur zu dem, was im Volksmund „Dumpinglohn“ genannt wird.

DB Regio intensiviert die laufende mediale und politische Kampagne zum Thema verpflichtende Personalübernahme bei Betreiberwechseln in diesen Tagen, jüngst hat man den ersten Minister der großen Koalition auf die eigene Seite gezogen. Und nun? Der Verweis auf Personalübergänge im angelsächsischen oder skandinavischen Raum ist manipulativ: Dort wechseln ganze Verkehrsbetriebe bzw. Franchises einfach nur den Besitzer: Nicht nur das Personal, sondern auch die Werkstätten und Fahrzeuge werden einfach übernommen.

Doch gerade bei letzterem sieht DB Regio die Sache natürlich völlig anders. Rollmaterial hat man noch nie an Wettbewerber verkauft und auch Werkstätten sind zwar im Rahmen der Regulierung zu festen Stundensätzen geöffnet, aber ein Verkauf kommt nicht in Frage. Die Tatsache, dass die Deutsche Bahn bei ihrer Gründung sämtliche Vermögenswerte der alten Bundesbahn geschenkt erhalten hat, fällt in der öffentlichen Wahrnehmung ebenso unter den Tisch. Rollmaterial und Werkstätten (mit besten Liegenschaften in attraktiver Innenstadtlage) gingen gratis an die DB AG und das gibt sie nicht mehr her.

Gerade die Deutsche Bahn, die überall mehr unternehmerische Freiheiten für die Betreiber fordert: Investitionshilfen darf es nicht geben, das schade dem freien Unternehmertum. Auch ein „überzogenes Pönaleregime“ wie ein funktionierendes Controlling durch den Aufgabenträger in Konzernkreisen heißt, lehnt man ab: Es drohe sonst Reverstaatlichung. Nur beim Personal, da sieht die Sache offensichtlich anders aus. Dabei sind schon einige interessante Fragen zu klären: Was passiert bei Mitarbeitern, die im Konzern bleiben wollen? Denn überregionale Versetzungen kommen so gut wie nie vor: Im Jahr 2013 gab es von 20.000 Triebfahrzeugführern 154 im DB-Konzern, deren Planstelle wegfiel, 27 wechselten zum neuen Betreiber, 34 wurden überregional versetzt. Offensichtlich funktioniert der konzerninterne Arbeitsmarkt, auf den man an anderer Stelle immer so stolz ist, also doch.

Zumal ja niemand nachvollziehen kann, unter welchen Kriterien der Altbetreiber, welcher in der Praxis stets DB Regio sein wird, die Mitarbeiter dem Ausschreibungsobjekt zuordnen. Im Elektronetz Saale-Thüringen-Südharz gibt DB Regio die Zahl der Beschäftigten mit 450 bis 500 Personen an, Abellio geht mit 350 in das Netz – und das obwohl es erhebliche Leistungsausweitungen gibt, deren genauer Umfang von der NASA jedoch auf Wunsch von DB Regio geheimgehalten wird. Kurzum: Was hier läuft, wird die Gesamtveranstaltung erheblich verteuern.

Siehe auch: Neue Debatte um Personalübergang

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