Eisenbahnjournal Zughalt.de

Nachrichten über Eisenbahn und öffentlichen Verkehr

Schwarzfahrer-Entgelt wird erhöht

13.05.15 (Verkehrspolitik) Autor:Stefan Hennigfeld

Der Bundesrat hat letzte Woche offiziell zugestimmt, sodass das erhöhte Beförderungsentgelt, das immer dann fällig wird, wenn jemand bei einer Kontrolle ohne gültigen Fahrausweis angetroffen worden ist, von vierzig auf sechzig Euro steigt. Die Summe war zuletzt seit 2003 konstant und liegt, gerade im europäischen Durchschnitt, noch immer auf relativ geringem Niveau. Dennoch ist längst nicht jeder Fahrgast ohne gültigen Fahrausweis ein vorsätzlicher Schwarzfahrer.

Darauf weist etwa die Aktion Münchener Fahrgäste hin. Diese fordert für den Bereich des Münchener Verkehrsverbundes (MVV), „dass alle Verkehrsunternehmen eine Tarifberatung sicherstellen. Dies kann ja mit den heute verfügbaren technischen Möglichkeiten leicht erreicht werden.“ Gerade der MVV-Tarif ist, auch im Vergleich zu anderen deutschen Verbundtarifen, zwar von hoher Kostengerechtigkeit, aber auch extremer Komplexität geprägt. Verbandssprecher Andreas Nagel: „Ein kostenloses und erreichbares Kundentelefon ist in unseren Augen erforderlich, wenn man die Fahrgäste wirklich vor dem Schwarzfahren schützen will. Funktionierende Entwerter gehören natürlich auch dazu.“

Grundsätzlich wünscht sich der Verband mehr Augenmaß bei der Verfolgung von Schwarzfahrern. Es wäre wünschenswert, dass ein Fahrgast, der auch einmal eine Fahrkarte vergessen hat, dem Verbundsystem treu bleibt. Außerdem sei es ein völliges Ungleichgewicht, wenn der Fahrgast für einen Fehler sechzig Euro bezahlen müsse, ein ausgefallener Zug aber vielleicht zu gar keiner Erstattung führe. Tatsächlich gelten die Fahrgastrechte bei einer ganzen Reihe Regionalverkehrsfahrscheine überhaupt nicht, da es sich juristisch um „erheblich verbilligte“ Angebote handelt. Auch Zeitkarteninhaber können nicht einfach Regressansprüche geltend machen, wenn die S-Bahn oder der Regionalexpress nicht fährt.

Beim VDV sieht man die Sache anders. Verbandspräsident Jürgen Fenske: „Wir begrüßen diese Entscheidung, denn die Erhöhung der Strafzahlung ist überfällig. Seit der letzten Anhebung von dreißig auf vierzig Euro im Jahr 2003 sind die Preise, Löhne und Gehälter, aber auch die Ticketpreise im Nahverkehr gestiegen. Daran gemessen hatte ein Betrag von vierzig Euro seine abschreckende Wirkung bei vorsätzlich handelnden Schwarzfahrern weitgehend eingebüßt. Den deutschen ÖPNV-Unternehmen gehen mittlerweile durch Schwarzfahrer jährlich rund 250 Millionen Euro an Fahrgeldeinnahmen verloren. Deshalb ist diese Entscheidung von Bund und Ländern ein wichtiger Schritt für die Branche aber auch für unsere ehrlichen Fahrgäste. Denn diese Kunden zahlen mit ihren Tickets für den entstandenen Schaden mit.“

Was man beim VDV verschweigt ist, dass die ursprüngliche Empfehlung der Verkehrsministerkonferenz aus zwei Teilen bestand: Einerseits sollte das erhöhte Beförderungsentgelt tatsächlich gesteigert werden, andererseits wurden die Verkehrsverbünde aufgerufen, die Zugangshemmnisse zu verringern und die Tariflandschaft zu vereinfachen. Letzteres ist in der überschaubaren Vergangenheit nirgendwo in Deutschland im größeren Ausmaß der Fall gewesen.

Darauf weist auch der Bundesverband der Verbraucherzentralen hin. Dies sei ein falsches Signal, solange die Fahrgäste „unter überfüllten Fahrzeugen und schlechten Informationen leiden – und das nicht nur während des Streiks.“ Marion Jungbluth, Teamleiterin für Energie und Mobilität: „Unübersichtliche Fahrpläne und Tarifstrukturen zerren an den Nerven der Verbraucher, und spätestens am Fahrkartenautomaten wird der Nahverkehr zum Abenteuer. Die Strafgebühr für Schwarzfahrer darf erst erhöht werden, wenn jeder in der Lage ist, den richtigen Fahrschein zu lösen.“ Viele Fahrgäste öffentlicher Verkehrsmittel würden, so der Verbraucherverband, unbeabsichtigt und unerwartet zu vermeintlichen Schwarzfahrern.

In diesem Zusammenhang weist man auch noch einmal auf die Problematik mit Touristen hin, die die Tarifstrukturen „fremder“ Verkehrsverbünde oft nicht kennen. Jungbluth: „Tarife und Vertrieb im ÖPNV müssen vereinfacht werden, damit sich unbeabsichtigtes Schwarzfahren besser vermeiden lässt.“ Fahrgäste, die eigentlich zahlungswillig sind, aber aufgrund der oft komplexen und undurchschaubaren Tarifstrukturen einen falschen Fahrausweis erwerben, dürfen nicht kriminalisiert werden. Es brauche auf jeden Fall ausreichend Kulanzregelungen, um zwischen vorsätzlichen Schwarzfahrern und zahlungswilligen Personen zu unterscheiden.

Siehe auch: Von Vorsatz und Fahrlässigkeit

Kommentare sind geschlossen.