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Neue Debatte um Fernbusmaut

23.04.15 (Fernverkehr, Verkehrspolitik) Autor:Stefan Hennigfeld

In dieser Woche ist die Debatte um eine Mautpflicht für Fernbusse erneut aufgeflammt. In einem Interview mit der Dortmunder Regionalzeitung Ruhr-Nachrichten sprach sich Bahnchef Rüdiger Grube dafür aus, Busse künftig zu bemauten und warnte vor Fehlsteuerungen zwischen Straße und Schiene. „Faire Wettbewerbsbedingungen erfordern auch eine Maut für den Fernbus“, so Grube. Doch trotz Grubes Forderung gibt es aus dem Bundesverkehrsministerium keinerlei Planungen für eine Fernbusmaut.

Im Februar sagte Minister Alexander Dobrindt (CSU) dem Focus: „Eine Omnibus-Maut würde mit 0,2 Cent pro Fahrgast je Kilometer den aktuellen harten Wettbewerb mit der Bahn auch nicht groß verändern.“ Grube jedoch rechnet anders: Mit sechs Cent pro Personenkilometer gibt er die Infrastrukturkosten an. Wie er darauf kommt, bleibt offen. Auch wenn die Kalkulation der DB AG stets streng geheim ist, so liegen doch einige Daten vor, die man zur Bewertung nutzen kann.

Im Rahmen des angekündigten neuen Fernverkehrskonzeptes gibt die Deutsche Bahn das Aufkommen im SPFV mit 130 Millionen Zug- und 36 Milliarden Personenkilometern pro Jahr an. Das sind knapp 277 Personen- pro Zugkilometer. Damit ergäbe sich für die DB Fernverkehr AG ein durchschnittlicher(!) Trassenpreis von 16,62 Euro pro Zugkilometer. Wenn man aber die Entgelttabellen der DB Netz AG zugrundelegt, dann ergibt sich ein anderes Bild: Selbst bei einer Takttrasse im Hochgeschwindigkeitsbereich kostet der Kilometer nur 15,68, also einiges weniger – zumal der ICE mit 300km/h keine Fernbuskonkurrenz ist.

Selbst in der SPFV-Streckenklasse F1, die immer noch bis 280km/m gilt, kostet der Trassenkilometer für einen ICE nur noch acht Euro. Doch selbst ein solcher Bereich ist kein direkter Konkurrent des Fernbusses. Dieser tritt in einem ganz anderen Segment an, und zwar in einem, in dem auch die DB AG mit Bil-ligangeboten wie dem neuen InterRegioExpress oder auch langlaufenden RE-Leistungen aktiv ist. Hier ist die Streckenkategorie F4 mit bis zu 160km/h völlig ausreichend. Diese kostet 4,79 Euro pro Zugkilometer. Ob man bei drei InterRegio-Zügen am Tag noch von einer Takttrasse sprechen kann, ist ebenso fraglich. Wenn der Taktzuschlag wegfällt, kostet die Trasse pro Zug und Kilometer nur noch 2,90 Euro – also ein Bruchteil dessen, was Rüdiger Grube angibt.

Entsprechend kritisch hat sich der Bundesverband Deutscher Omnibusunternehmen (BDO) auch über die Forderungen geäußert. Hauptgeschäftsführerin Christiane Leonard: „Politik und Bahn müssen endlich Schluss machen mit dem großen Trassenpreisschwindel. Der Fernlinienverkehr der Bahn wird indirekt vom regionalen Nahverkehr subventioniert.“ Über zwei Drittel der Trassenpreise werden nach BDO-Lesart von mit öffentlichen Geldern bestellten, gemeinwirtschaftlichen Regionalzügen erbracht, nur 18 Prozent kommt aus dem eigenwirtschaftlichen SPFV. Der BDO hat eine Kostenunterdeckung von 75 Prozent errechnet bei staatlichen Zuwendungen für die Eisenbahn in Höhe von zehn Milliarden Euro pro Jahr.

Darüber hinaus bringt man auch die integrierte DB-Struktur noch einmal ins Spiel: Immerhin fließt das Geld, selbst im Premiumprodukt ICE mit über 300km/h nur von DB Fernverkehr an DB Netz und bleibt bei konsolidierter Betrachtung im Konzern erhalten. Leonard: „Dieser Trassenpreisschwindel ist auch der Grund, warum die EU-Kommission und die deutsche Monopolkommission die Trennung der Infrastruktur- und Transportunternehmen der Deutschen Bahn AG fordern.“

Doch auch aus dem Eisenbahnwesen gibt es Kritik an Grubes Äußerungen. Der Hamburg-Köln-Express hat sich zu Wort gemeldet, ein privates Unternehmen, das eigenwirtschaftliche Leistungen im SPFV erbringt. Dort hat man auch gerechnet und kommt auf eine Milliarde Euro Trassenpreise bei der DB Fernverkehr AG und für 2015 geplant 36 Milliarden Personenkilometern im SPFV der DB AG, was nur drei Cent Infrastruktrurabgabe bedeutet und nicht die von Grube genannten sechs.

Zudem sei es widersinnig, einen voll besetzten Bus zu bemauten, wenn Autos mit einer Person mautfrei sind (und das auch in Zukunft durch die Infrastruktrurabgabe bleiben). HKX-Geschäftsführer Carsten Carstensen: „Wer die Bundesschienenwege nutzt, muss ein Drittel seines Umsatzes für die Infrastruktur-Nutzung bezahlen. Das ist ein Problem für die DB genauso wie für HKX, solange Pkw die Autobahn ohne benutzungsabhängige Maut nutzen können.“ Eine solche Debatte findet jedoch nicht statt.

Siehe auch: Stark verzerrte Wahrnehmung

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