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Vernunft walten lassen

30.03.15 (go.Rheinland, Hessen, Kommentar, Nordrhein-Westfalen, NWL, Rheinland-Pfalz, VRR) Autor:Stefan Hennigfeld

Unabhängig von der Frage, ob eines oder mehrere der vorliegenden RRX-Angebote tatsächlich Dumpingpreise beinhalten, so ist es richtig und wichtig, sich die Kalkulationen genau anzugucken. So war es vor einigen Jahren im Elektronetz Hanse, als die LNVG das Angebot von DB Regio näher prüfen wollte. Selbstverständlich hat jedes Unternehmen dann das Recht, die eigenen Unternehmensgeheimnisse auch dann nicht offenzulegen, wenn der Aufgabenträger sich zur absoluten Diskretion verpflichtet. Es war damals aber richtig, das Angebot von der Vergabe auszuschließen und es ist auch jetzt wieder richtig, gegen Unterkostenpreise vorzugehen.

Ruinöser Wettbewerb hat auf lange Frist noch nie jemandem genutzt, sondern allen geschadet. Zumal sich erhebliche Probleme ergeben, wenn ein Betreiber von jetzt auf gleich den Verkehrsvertrag neu aushandeln will, weil ansonsten eine Insolvenz droht. Das ist übrigens gar nicht so abwegig, in Großbritannien hat National Express genau so eine Nummer gebracht. Übrigens genau der Betreiber, der mit Unterkostenpreisen in Zusammenhang gebracht wird. Es kann nicht sein, dass ein Betreiber, ganz gleich, ob er DB Regio, Eisenbahn Meier, Müller Rail oder Schienen-Schultz heißt, hier erst seriös kalkulierende Betreiber aus dem Markt kegelt und dann nach einigen Jahren mit der Insolvenz droht und nachverhandeln will.

Gerade in Netzen, in denen die Fahrzeuge nicht Eigentum des Aufgabenträgers sind, sondern dem Betreiber selbst gehören, hat der Aufgabenträger oft gar keine andere Wahl als im Nachgang höhere Preise zu akzeptieren. Dem Aufgabenträger, der sich über sehr geringe Preise freut, droht am Ende das böse Erwachen. Bei DB Regio ist das natürlich was anderes, weil eine Insolvenz der deutschen Staatseisenbahn faktisch ausgeschlossen werden kann. In Niedersachsen waren es daher ordnungspolitische Überlegungen, die zu der Entscheidung gegen ein Angebot geführt haben, das im Verdacht stand, ein Unterkostenpreis zu sein. Obwohl: Auch hier droht natürlich alsbald das dicke Ende, nämlich wenn der Branchenprimus kleinere Wettbewerber mit Kampfpreisen aus dem Markt drängt.

Die Folgevergabe wird kommen und mit der Erkenntnis, dass bestimmte Wettbewerber nicht mehr da sind und andere von einer Teilnahme absehen, weil sie gegen die politischen Preise des Großen keine Chance haben, dann kann es einige Jahre später sehr, sehr teuer werden. Vor diesem Hintergrund sind Dumpingpreise generell und ohne jede Ausnahme abzulehnen. Wobei im konkreten Fall natürlich gilt: Wenn der Dumpingverdacht ausgeräumt wird, was selbstverständlich möglich ist, dann steht einer Vergabe an National Express nichts im Weg! Aber eins sei dennoch gesagt: Durch die langfristige Übergangsvergabe, die 2016 startet und zwischen 2018 und 2022 jederzeit kündbar ist, gibt es genügend Zeit. Selbst eine mehrjährige juristische Auseinandersetzung gefährdet die Vergabe nicht. Scherze wie im Bitterfelder Kreuz, wo DB Regio von einem nicht funktionierenden Staatsapparat in Sachsen-Anhalt profitiert hat, sind in Nordrhein-Westfalen ausgeschlossen. Gut so!

Siehe auch: RRX: Vergabe an Siemens steht, Betreiber bleibt offen

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