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RRX: Vergabe an Siemens steht, Betreiber bleibt offen

30.03.15 (go.Rheinland, Hessen, Nordrhein-Westfalen, NWL, Rheinland-Pfalz, VRR) Autor:Stefan Hennigfeld

Die Vergabe der Betriebsleistungen für den Rhein-Ruhr-Express in Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Hessen verzögert sich. Insgesamt fünf Bieter sind im Rennen, wobei relevante Detailaspekte der Kalkulation noch einer näheren Aufklärung bedürfen. Dies wird nun sach- und rechtskonform in den kommenden Wochen erfolgen und danach wird ein neuer Entscheidungstermin festgelegt. Als Zeithorizont hat man sich etwa zwei Monate gesetzt. Das wäre dann Ende Mai bzw. Anfang Juni, also noch vor der politischen Sommerpause. Nähere Angaben machten die fünf beteiligten Aufgabenträger dazu nicht.

Übereinstimmenden Brancheninformationen zufolge hat National Express jedoch in allen drei Losen das Angebot mit dem niedrigsten Preis abgegeben, wobei hier akuter Verdacht auf Preisdumping bestehen soll. Einen Kommentar der Aufgabenträger dazu gibt es jedoch nicht. In den jetzt kommenden Wochen kann dieser Verdacht ausgeräumt oder erhärtet werden, sodass dann eine Entscheidung fällt. Das Thema Unterkostenpreise im SPNV wird seit geraumer Zeit immer wieder diskutiert. Muss jedes Netz für den Betreiber aus sich heraus tragfähig sein oder ist es möglich, mit politischen Preisen in den Markt einzutreten bzw. seine eigene Größe zu nutzen, um Marktanteile auch zulasten einer internen Querfinanzierung zu verteidigen?

Der VDV will hierfür im Zusammenhang mit dem vierten Eisenbahnpaket eine Rechtsgrundlage schaffen und unterstützt Dumpingpreise im SPNV. Sobald ein Netz ausgeschrieben wird, ganz gleich unter welchen Bedingungen (es kann also auch eine faktische Direktvergabe sein, etwa wenn der Aufgabenträger dem Betreiber erst Züge schenkt und dann die Ausschreibung macht) erfolgt dies. Eine preisrechtliche Prüfung solle dann ausgeschlossen sein, insbesondere dürfen die vier Altmark-Trans-Kriterien dann nicht mehr zur Anwendung kommen. Das ist die Grundvoraussetzung für Unterkostenpreise großer Betreiber in anderen Netzen.

Insbesondere die Verrechnung hoher Gewinne in Netz A mit Unterkostenpreisen in Netz B hält der VDV für legitim. Am 15. November 2012 hieß es dazu: „Im hypothetischen Fall, dass für den einen Auftrag zu viel und für den anderen zu wenig gezahlt wird, entsteht eventuell ein Ungleichgewicht zwischen den zuständigen Behörden, beim begünstigten Unternehmen besteht aber kein beihilferechtlich relevanter Vorteil.“

Die fünf beteiligten Aufgabenträger aus drei Bundesländern sind hier anderer Ansicht und wollen sicherstellen, dass der Betreiber auskömmlich finanziert ist. Wenn sich der Dumpingverdacht wirksam ausräumen lässt, so wird der Zuschlag erfolgen. Bereits erfolgt ist der Zuschlag für Siemens, die am Standort Dortmund-Eving die 82 Triebzüge instandhalten werden. Die Fahrzeuge kommen auf allen drei Losen zum Einsatz und werden im Werk Krefeld-Oppum hergestellt. Dazu hat Siemens den Vorteil, dass man über eine Werkstatt in Koblenz verfügt, quasi am anderen Ende des Netzes, die heute bereits die Fahrzeuge von Transregio beheimatet.

Der Auftrag läuft über insgesamt 32 Jahre und hat ein Volumen von 1,7 Milliarden Euro. Insgesamt hundert neue Arbeitsplätze werden entstehen. Dabei ist noch nicht bekannt, wie hoch die Stellenzahl sein wird, die bei DB Regio wegfällt. Die Bezahlung bei Siemens erfolgt nach dem Tarifvertrag der IG-Metall. Das ist der bestbezahlte Tarifvertrag Deutschlands, sodass ein Mechatroniker, der von den Instandhaltungswerken der Deutschen Bahn zu Siemens wechselt, mit einer deutlich besseren Bezahlung rechnen kann. Der Wartungsvertrag sichert zudem die Arbeitsstelle über fast das gesamte Berufsleben.

Jochen Eickholt, Chef der Bahnsparte bei Siemens: „Das ist ein Riesenerfolg für das Bahngeschäft von Siemens. Wir sichern und schaffen dadurch hochwertige Arbeitsplätze in Nordrhein-Westfalen. Unser moderner Zug ist eine gute Nachricht für Millionen Pendler an Rhein und Ruhr, der bevölkerungsreichsten Region Deutschlands.“ Der Auftrag für Siemens umfasst neuentwickelte, auf hohe Kapazitäten ausgelegte Doppelstock-Züge aus der bewährten Desiro-Zugfamilie. Jede Zugeinheit besteht aus vier Wagen. Auf 105 Metern Länge verteilen sich 400 Sitzplätze. Im Betrieb sollen jeweils zwei Einheiten verbunden werden, damit entsteht ein Acht-Wagen-Express mit 800 Sitzplätzen, zumindest auf den am stärksten nachgefragten Relationen. Auf einigen Außenästen, etwa nach Koblenz oder Kassel, sind regelmäßige Stärkungen und Schwächungen vorgesehen.

Siehe auch: Vernunft walten lassen

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