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Die Zukunft im Eisenbahnwesen

02.03.15 (Kommentar) Autor:Stefan Hennigfeld

Nun ist es Zufall, dass ausgerechnet zeitgleich mit der RRX-Vergabe in der Metropolregion Rhein-Ruhr bekannt wird, dass DB Regio im Elektronetz Mittelsachsen auf eine Teilnahme verzichtet, weil man das Modell der Herstellerwartung ablehnt. Das ist eben so und man muss damit leben. Voreilige Schlüsse sollten jedoch nicht gezogen werden, denn der Expressverkehr im Ruhrgebiet hat eine ganz andere Größe und Bedeutung. Natürlich kann es sein, dass DB Regio diesen auch einfach herschenkt, muss aber nicht.

Interessant ist vielleicht folgende Überlegung: Bereits seit einigen Jahren ist nun bekannt, dass das Neufahrzeuggeschäft für die Fahrzeugindustrie keine nennenswerten Wachstumspotentiale bietet, wohl aber der Unternehmensbereich After-Sales. Herstellerwartungsmodelle kann es sowohl im Auftrag des Betreibers als auch im Auftrag des Aufgabenträgers geben, in jedem Fall profitiert der Hersteller. Nun steht im VRR nach der RRX-Vergabe auch die Vergabe der S-Bahnleistungen an. Deren Vertrag endet 2019, es muss also in einem überschaubaren Zeitraum eine Entscheidung her. Angesichts des großen Netzes bietet sich auch hier wieder ein ähnliches Modell an. Will DB Regio dann wieder nicht dabei sein?

Zwar ist DB Regio im SPNV heute schon nicht mehr der „geborene Betreiber“, der das Unternehmen in den Anfangsjahren der Eisenbahnreform als Ex-Bundesbahn mal gewesen ist, aber wenn man sich so massiv aus dem Bereich, den Herr Grube vor gar nicht allzu langer Zeit als „Brot- und Buttergeschäft“ definiert hat, zurückzieht, dann werden auch andere verkehrspolitische Folgen zu diskutieren sein. Kann ein integrierter DB-Konzern weiter bestehen, wenn er im inländischen SPNV nur noch wenig Interesse hat und seinen Marktanteil freiwillig verringert? Im Moment ist der integrierte Konzern in der Politik auf Bundesebene Konsens, nachdem die FDP den Bundestag 2013 verlassen musste. Aber wenn die DB AG auf aktuelle Marktentwicklungen mit „Jetzt sind wir beleidigt und spielen nicht mehr mit“ reagiert, dann könnte sich dieses Meinungsbild auch sehr schnell ändern.

DB Regio hat sich dem Markt in den letzten zwanzig Jahren angepasst. Wie man an bestimmten Vergaben bundesweit sehen kann, ist das in Nordrhein-Westfalen in vielen Fällen sehr viel besser gelungen als im Rest der Bundesrepublik. Aber gerade deshalb wäre die Deutsche Bahn schlecht beraten, wenn sie sich zurückzieht, statt sich an die Marktentwicklungen anzupassen. Denn für die Zahl der Bewerber bedeutet ein öffentlich kommunizierter, ja inzwischen fast schon zelebrierter Rückzug von DB Regio, dass es nicht weniger, sondern mehr Bieter gibt. Wenn der große Branchenprimus geht und keine Lust mehr hat, dann wird sich so manch ein Betreiber plötzlich deutlich bessere Chancen ausrechnen, wenn DB Regio nicht mitbietet. Der Markt wird sich weiterentwickeln, ganz gleich ob die Ex-Bundesbahn dabei sein wird oder nicht. Und doch: Wenn man die Ex-Bundesbahn in die unternehmenspolitische Unabhängigkeit entlässt, dann muss man solche Entscheidungen akzeptieren. Das macht das Marktgeschehen aber nicht uninteressanter.

Siehe auch: VRR: Es geht voran
Siehe auch: VMS: DB Regio verzichtet – Signal auch für den RRX?

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