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Abellio: Rainer Thumann folgt auf Peter Werz

09.02.15 (Allgemein) Autor:Stefan Hennigfeld

Mit Wirkung zum 1. Februar wurde Rainer Thumann (57) neuer Leiter für Politik und Kommunikation bei Abellio. Er löst Peter Werz (52) ab, der diese Funktion in den letzten Jahren innehatte. Thumann ist ausgebildeter Journalist und war Inhaber einer Medienagentur. Seine beruflichen Stationen waren unter anderem Stellvertretender Regierungssprecher unter Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Peter Harry Carstensen (CDU), Pressesprecher von Baugewerbe- und Bauindustrieverbänden sowie Stellvertretender Pressesprecher im Bundesbildungsministerium.

In Werz´ Wirkungsbereich fiel vor allem das Abellio-Urteil, die wohl wichtigste Gerichtsentscheidung in der Geschichte der Eisenbahnreform in Deutschland. Anders noch als das Oberlandesgericht Brandenburg an der Havel hat der Bundesgerichtshof am 8. Februar 2011 entschieden, dass Eisenbahnleistungen nach dem deutschen Vergaberecht vergeben werden müssen. Ein über Jahrzehnte laufender, milliardenschwerer Auftrag für DB Regio war damit geplatzt, aber vor allen Dingen steht seitdem fest, dass die Vergabe großer Aufträge am Markt vorbei direkt an DB Regio nicht möglich ist und gerichtlich angegangen werden kann. Als Folge daraus sind mit National Express, dem französischen Anbieter RATP sowie einigen asiatischen Anbietern neue Akteure in den Markt eingetreten, von denen National Express als erstes Unternehmen eine Ausschreibung in Nordrhein-Westfalen für sich entscheiden konnte.

em Argument von VDV und DB Regio, es müsse allein aufgrund eines vermeintlichen „Erstellermangels“ eine Marktverkleinerung geben, die man durch eine hohe Zahl von Direktvergaben und langfristigen Vertragsverlängerungen zugunsten von DB Regio erreichen müsse, wird damit die Luft rausgelassen. Die neue Rechtslage überfordert den Markt nicht, sondern sorgt für neue Positiveffekte. Internationale Akteure haben den deutschen Markt über Jahre hinweg beobachtet und sich mit der neuen Rechtslage entschieden, dort einzutreten. Wettbewerb ist jetzt kein Gnadenakt des Aufgabenträgers mehr, sondern ein einklagbares Recht. Auch wenn es regional hier noch immer Unterschiede gibt, wie die Deutsche Bahn vor Ort gesehen wird. Jedoch werden Aufgabenträger, die eine Ausschreibung erkennbar nur machen, um den Preis von DB Regio zu drücken, auch zukünftig nur wenig Resonanz erfahren.

„Wettbewerbsbahnen“, so sagte der damalige Abellio-Chef Bernard Kemper 2012 im Eisenbahnjournal Zughalt.de, „sind nicht dazu da, um den Preis für den vom Besteller gewünschten Betreiber zu senken.“ Doch so wichtig die politische Arbeit auch ist, im Herbst 2011 ist Abellio aus Mofair ausgetreten, wenn auch aufgrund der vereinsinternen Satzung erst mit Wirkung zum 31. Dezember 2012, weil eine vorzeitige Kündigung nicht mehr möglich war. Ein Weg, auf dem auch später Keolis gefolgt ist, da das Auftreten des Verbandes bei vielen Unternehmen, auch bei Privatbahnen, für Irritationen sorgt. Im Moment gibt es nur einen Verband, in dem die Wettbewerbsbahnen im Großen und Ganzen alle organisiert sind und das ist der VDV. Dort gibt es einen Allgemeinen Wettbewerbsausschuss, in dem prinzipiell die Privatbahnen die Mehrheit gegen DB Regio haben – dieser ist eine hoch spannende Baustelle für die kommenden Jahre, übrigens in gleich doppelter Hinsicht. Dieser Ausschuss im VDV könnte für DB Regio nicht nur geeignet sein, eigene Unternehmenspositionen als Branchenkonsens zu verkaufen (wenn die Privatbahnen weiterhin mitspielen), sondern auch der geeignete Ort, um Konflikte z.B. mit DB Netz auszutragen, die bislang unter dem Siegel des Konzernfrieden stets vermieden werden mussten.

So ist DB Regio NRW im Dezember 2013 mit der Übernahme der Linie S7 das Problem Müngstener Brücke losgeworden. Das hat jetzt Abellio am Hals, wenn auch mit ganz anderenMöglichkeiten, DB Netz im Zweifel juristisch zu erinnern, welche Pflichten der Infrastrukturbetreiber hat. Die neue LuFV sieht erneut ein eher geringes Controlling vor, unabhängig von den konkreten Mechanismen basiert es auf Eigenberichten der DB Netz AG. Aktuell wird über das Eisenbahnregulierungsgesetz debattiert: Was geht, was geht nicht und an wen kann man sich wenden, wenn, wie in Sachsen-Anhalt, die Vergabe an einem nicht funktionierenden Staatsapparat scheitert, wo DB Regio letztlich den längeren Atem hatte und noch zwei Jahre mit Zügen aus DDR-Produktion fährt. Der Markt bleibt spannend, Rainer Thumann wird in seinem neuen Job sicher keine Langeweile haben.

Siehe auch: Politik und Kommunikation

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