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Es kommt Bewegung ins Ländle

08.01.15 (Baden-Württemberg, Kommentar) Autor:Stefan Hennigfeld

Es ist Bewegung in den SPNV-Markt im Ländle gekommen, der alte Verkehrsvertrag wird nicht verlängert, auch nicht um einen mehrjährigen Abschmelzungsvertrag, sondern es gibt eine ordnungsgemäße Ausschreibung, die nicht nur den Zuschussbedarf senken soll, sondern auch dafür Sorge trägt, dass angemessenes, barrierefreies Rollmaterial in Zukunft Standard sein wird. Natürlich ist das eine Mammutaufgabe, in Baden-Württemberg noch stärker als im Rest der Republik.

Überall gab es nach der Jahrtausendwende große Verkehrsverträge mit DB Regio, teilweise mit abschmelzenden Leistungsvolumina, teilweise aber auch nicht. In jedem Fall haben sich ab ca. 2005 erstmals Ausschreibungsersparnisse liquiditätswirksam bemerkbar gemacht. Die Erfolge der Eisenbahnreform wurden sichtbar und auch DB Regio hat profitiert. Natürlich hat man, abgesehen von einzelnen Verkehrsverträgen, die hohen Margen eingebüßt, aber das Unternehmen ist saniert. Auch in Baden-Württemberg hat DB Regio alle Chancen, ein möglichst großes Stück vom Kuchen zu behalten, denn das Unternehmen ist heute sehr marktfähig. Die Zeiten, in denen eine Ausschreibung mit einer Be-triebsaufnahme durch eine Wettbewerbsbahn gleichkam, sind vorbei. Auch die großen Schlechtleistungen sind heute nur noch Erinnerungen an vergangene Zeiten.

Dass man trotzdem lukrative Direktvergaben zu akquirieren versucht (übrigens in dieser Form als einziger Akteur am Markt), ist verständlich. Punktuell ist das auch immer noch möglich, aber die Mehrheit der Aufgabenträger hat die Vorzüge wettbewerblicher Vergaben erkannt. Bereits letztes Jahr ist groß und breit diskutiert worden, ob der bald auslaufende Verkehrsvertrag zwischen Landesregierung und DB Regio für den Aufgabenträger unvorteilhaft sei. Vergleiche mit Bayern wurden herangezogen, es gab hitzige Gefechte über Brutto- und Nettoverträge, über Investitionen in neues Rollmaterial und veraltete Fahrzeuge. Aber sehen wir es mal praktisch: Es ist mit Sicherheit kein für den Nutzer vorteilhafter Verkehrsvertrag, wenn mit Silberlingen gefahren wird, die auf Technik der 50er Jahre basieren. Natürlich kann man hier Zwischeninvestitionen tätigen und dafür sorgen, dass der Zustand nicht mehr so unerträglich ist, aber die Fahrzeuge haben keine Klimaanlagen und sind nicht barrierefrei, eigentlich Selbstverständlichkeiten heutzutage.

Die Eisenbahn befindet sich im ständigen Wettbewerb mit dem Auto, da ist ein klimatisierter Innenraum selbst in Kleinwagen die Regel. Nein, die Qualität wird steigen und das wird sich, auch das zeigen die Erfahrungen aus anderen Bundesländern, auch in den Fahrgastzahlen niederschlagen. Wenn man eben modernes Rollmaterial hat, wenn die Aufenthaltsqualität steigt, dann kann die Schiene ihre individuellen Stärken vernünftig zur Geltung bringen. Wer dann letzten Endes fährt, ist auch nicht mehr so wichtig, denn die Verkehrsverträge müssen so gestaltet werden, dass die Betreiber ein hohes ökonomisches Eigeninteressen an sauberen und pünktlichen Zügen haben. In Baden-Württemberg stehen bis 2020 ganz erhebliche Verbesserungen bevor.

Siehe auch: BaWü: Vier Netze ausgeschrieben

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