Monopolkommission kritisiert DB-Struktur
04.07.24 (Verkehrspolitik) Autor:Stefan Hennigfeld
In ihrem diese Woche erschienenen 25. Hauptgutachten hat die Monopolkommission die Konzernstruktur der DB AG schwer kritisiert. Man fordert sowohl eine Trennung von Netz und Betrieb als auch Trassenpreiskürzungen bei Schlechtleistungen im Infrastruktursektor. Auch die Managementvergütungen sollen stärker an die Qualität gekoppelt werden. Ende des Jahres 2023 ist die DB InfraGO AG aus der Verschmelzung der beiden Infrastruktursparten DB Netz AG und DB Station&Service AG hervorgegangen.
Die Eisenbahninfrastruktur soll sich zukünftig weniger an betriebswirtschaftlichen Interessen und stärker als bisher am Gemeinwohl orientierten. Damit das gelingt, setzt der Bund auf eine stärkere politische Steuerung der Eisenbahninfrastruktur und entwickelt entsprechende Steuerungsinstrumente. Der derzeitige schlechte Zustand des Eisenbahnnetzes und die Negativrekorde bei der Pünktlichkeit und der Kundenzufriedenheit zeigen nach Ansicht der Gutachter deutlich, dass die bisherigen Steuerungs- und Regulierungsinstrumente nicht ausreichend sind, um für einen qualitativ hochwertigen und verlässlichen Zugverkehr zugunsten der Reisenden und Verlader zu sorgen.
Die zukünftige Steuerung der DB InfraGO AG wie auch des gesamten DB-Konzerns muss, so die Gutachter, nun in erster Linie auf die Kundenzufriedenheit ausgerichtet werden. Das ist zwingende Voraussetzung dafür, die klimapolitisch notwendige Verkehrsverlagerung auf die Schiene endlich voranzubringen. Das Ziel der Kundenzufriedenheit und andere eisenbahnpolitische Ziele müssen nach Auffassung der Monopolkommission nun gesetzlich definiert werden, etwa im Deutsche-Bahn-Gründungsgesetz, damit klar wird, auf welche Ziele die Steuerung der DB InfraGO AG ausgerichtet werden soll.
Eine Definition des Gemeinwohls darf nicht wie bisher dem Aufsichtsrat der DB AG überlassen werden. Das ist Aufgabe von Bundestag und Bundesrat als gesetzgebende Organe. Zur Operationalisierung der Gemeinwohlziele soll im sog. Infraplan ein konkretes Arbeitsprogramm für die DB InfraGO AG mit einem Zeithorizont von fünf Jahren entwickelt werden. Entsprechende gesetzliche Regelungen in den Nachbarländern Österreich und Schweiz können dabei vorbildhaft sein. Die Monopolkommission empfiehlt, den Infraplan, wie in den Nachbarländern, gesetzlich zu verankern.
Davon verspricht sie sich eine höhere Verbindlichkeit, an denen es den bisherigen Plänen in Deutschland mangelt. Der Bund beabsichtigt, die Umsetzung der Vorgaben des Infraplans mittels noch zu entwickelnder Kennzahlen zu messen. Die Monopolkommission schlägt vor, hierbei auch auf nutzerorientierte Kennzahlen, vor allem Pünktlichkeitsziele, zu setzen. Die Zielwerte sollten sukzessive erhöht werden und der DB InfraGO AG zugleich der erforderliche Freiraum gelassen werden, wie sie die Ziele erreichen möchte. Um die Zielerreichung wirksamer als bislang durchzusetzen, sollte der Infraplan mit bestehenden Steuerungsinstrumenten, vor allem der Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung (LuFV) und der Anreizregulierung, harmonisiert werden.
Die Monopolkommission schlägt vor, Qualitätsziele der DB InfraGO AG in der Anreizregulierung der Trassenentgelte zu verankern und die Anreizregulierung um eine Qualitätskomponente zu erweitern. Die Preisobergrenze der Trassenpreise sollte hierbei vor allem von den durch die Infrastruktur verursachten Verspätungsminuten abhängen und Verfehlungen der Zielwerte entsprechend zu Abschlägen bei den Trassenentgelten führen. Dadurch wird ein Anreiz für die DB InfraGO AG gesetzt, die infrastrukturbedingten Verspätungsminuten zu reduzieren, was derzeit in der LuFV nicht ausreichend der Fall ist.
Die Monopolkommission erachtet weiterhin dringend eine möglichst weitgehende organisatorische Unabhängigkeit der DB InfraGO AG von den restlichen Konzerngesellschaften der DB AG als notwendig. Bei einer Beibehaltung der bestehenden Konzernstrukturen der DB AG besteht die Gefahr, dass die Ausrichtung der DB InfraGO AG eher auf das Konzernwohl als auf das Gemeinwohl erfolgt. Erst durch eine eigentumsrechtliche Trennung der Eisenbahninfrastruktur außerhalb des Konzerns könne gewährleistet werden, dass die DB InfraGO AG nachhaltig auf das Gemeinwohl ausgerichtet wird. Sollte das derzeit politisch nicht umsetzbar sein, empfiehlt die Monopolkommission dringend eine stärkere personelle Entflechtung der Führungspositionen der DB InfraGO AG zu den restlichen Konzerngesellschaften.
Siehe auch: Die alte Debatte ist wieder da