Die alte Debatte ist wieder da
04.07.24 (Kommentar) Autor:Stefan Hennigfeld
Die Debatte um eine Trennung von Netz und Betrieb ist bislang nur im Hinblick auf den vor 15 Jahren abgesagten Börsengang geführt worden. Wenn man die DB AG schon an der Börse teilweise privatisieren möchte, so müsse man doch zumindest die staatliche Infrastruktur vor dem Zugriff durch Privatinvestoren schützen. Als der Börsengang dann (zurecht!) abgesagt wurde, ist das Thema eingeschlafen. Die DB AG hat sich anders aufgestellt und als Hartmut Mehdorn weg war, ist auch der Umgang mit den Stakeholdern in der Politik im Bund und vor Ort besser geworden.
Tatsächlich aber stellt sich heute raus: Viele Worst-Case-Szenarien aus der Debatte um den Börsengang sind sehr wohl eingetreten. Gleichzeitig zeigt der Blick etwa in die Niederlande, dass man Netz und Betrieb sehr wohl auch dann trennen kann, wenn keine Privatisierung geplant ist. In den Niederlanden hat man eine staatliche Infrastrukturgesellschaft und ein für den Personenverkehr zuständiges staatliches Unternehmen, während der Güterverkehr komplett privatisiert ist.
Die Schweiz zeigt uns, dass die SBB zwar formal ein integrierter Konzern ist, aber nur etwa die Hälfte der Eisenbahninfrastruktur betreibt. Die andere Hälfte wird bewirtschaftet von Unternehmen, die oft auch privatrechtlich geführt sind, aber oft im kommunalen oder kantonalen Eigentum stehen, also auch Teil der öffentlichen Hand sind. Auch das wäre ja im Sinne einer Regionalisierung durchaus sinnvoll, dass Infrastruktur, die vordringlich dem Regionalverkehr dient, auch regional betrieben wird.
Was hat beispielsweise der Bund mit einer Regionalbahnstrecke von Köln ins Bergische Land oder in die Eifel zu tun? Der Regionalverkehr wird ja auch durch die Aufgabenträger vor Ort bestellt und nicht mehr – wie bei der alten Behördenbahn – zentralistisch organisiert. Nun ist die Regionalisierung der Infrastruktur unrealistisch, aber eine saubere Trennung von Infrastruktur und Verkehrsbetrieb wäre auch aus heutiger Sicht sinnvoll, wenn eine Privatisierung bis auf weiteres nicht in Sicht ist.
Auch der andere Punkt, der hier angesprochen wird, ist kein neuer Vorschlag, aber er verdient es, endlich mal aufgenommen zu werden: Bei Schlechtleistungen im Infrastruktursektor müssen die Trassenentgelte gekürzt werden. Wenn die Langsamfahrstelle seit über einem Jahr den Fahrplan stört, dann fließt weniger Geld an den Infrastrukturbetreiber. Wenn der Aufzug oder die Bahnhofsuhr über Monate kaputt sind und nicht repariert werden, dann sinken die Stationsentgelte entsprechend.
Was die Monopolkommission nicht fordert, was aber folgerichtig wäre, dass im Fall von SPNV-Zugangsstationen die Aufgabenträger im Falle eines hohen Eskalationsgrades ein Recht auf Ersatzvornahme bekommen. Wenn so eine Rolltreppe zum Bahnsteig an einer S-Bahnstation mehr als ein halbes Jahr kaputt ist, beauftragt der Aufgabenträger die Reparatur auf Kosten des Infrastrukturbetreibers. Auch hier braucht man robuste Handlungsweisen, denn durch gutes Zureden wird die Eisenbahn nicht besser. Es muss deutlich mehr sein.
Siehe auch: Monopolkommission kritisiert DB-Struktur
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