Die Pflicht der Länder nicht vergessen
29.02.24 (Kommentar) Autor:Stefan Hennigfeld
Die Forderung, dass auch die Länder in die Pflicht zu nehmen sind, ist richtig und wichtig. Wir sprechen beim Eisenbahnverkehr von einer gesamtstaatlichen Aufgabe. Natürlich kann man sagen, dass die Länder dem Gesamtkompromiss der Eisenbahnreform im Jahr 1994 und der Regionalisierung im Jahr 1996 nur unter der Bedingung zugestimmt haben, dass für sie keine Kosten entstehen, denn die Eisenbahn ist Bundessache.
Darum hieß die alte Behördenbahn Bundesbahn und bis heute ist der Bund der Alleinaktionär der Deutschen Bahn AG. Allerdings wird das Regionalisierungsgesetz nicht nur im Bundestag, sondern auch im Bundesrat beschlossen. Die Länder haben also ein Mitspracherecht. Als zum 1. Januar 2007 die Regionalisierungsmittel gesenkt wurden hat der Bund das nicht einseitig gemacht, sondern die Länder haben zugestimmt.
Man hat die Zustimmung erkauft, weil sie aus den Mehreinnahmen durch die Umsatzsteuererhöhung insgesamt mehr Geld vom Bund gekriegt haben als zuvor, aber es gab keine Zweckbindung mehr. Nur wenige Länder haben das Geld weiter der Schiene zur Verfügung gestellt und tun es bis heute nicht. Sie hatten dabei den Vorteil, dass die großen Branchenakteure zwar reflexartig bei jeder Gelegenheit „mehr Geld für die Schiene“ fordern, aber nur den Bund meinen.
Mit anderen Worten: Große Teile der Eisenbahnbranche hat die Verweigerungshaltung der Länder bis heute unterstützt. Dabei sieht man ja durchaus, etwa bei Infrastrukturinvestitionen, dass die Länder sehr wohl Geld geben, wenn die Anreize stimmen. Wenn das Land aus dem eigenen Haushalt die Summe X zur Verfügung stellen, kommen für Investitionsprogramme Fördergelder des Bundes dazu und man löst das höhere Gesamtinvestitionsvolumen Y aus. Ohne Landesgelder passiert aber gar nichts.
Eine Idee könnte so aussehen: Der Bund gibt einen Basisanteil an Regionalisierungsgeldern und wenn die Länder aus ihrem Haushalt Geld dazugeben, dann lösen sie zusätzliche Bundeszahlungen aus. Wenn die Länder das jedoch nicht tun, bleiben die Bundeszuwendungen auf dem Mindestniveau. Wenn also ein Land 500 Millionen Euro vom Bund kriegt, dann kann es aus dem eigenen Haushalt noch einmal 500 Millionen Euro drauflegen und löst somit zusätzlich noch einmal 500 Millionen Euro Bundeszahlungen aus, man hat also 1,5 Milliarden Euro. Wenn die Länder nicht bereit sind, Geld zu geben, hat man nur das Grundbudget von 500 Millionen Euro im Jahr. Dann würde auch der Bund das Geld anderweitig ausgeben, denn wenn die Länder nicht bereit sind, Geld zu geben, dann kann man das vom Bund auch nicht verlangen.
Es zeigt aber, wie unrealistisch die Behauptung ist, man könne die Fahrgastzahlen bis 2030 im Vergleich zu 2020 verdoppeln. Das absurde Narrative, die nichts mit der Realität auf der Schiene zu tun haben. Hier muss man besonnen vorgehen, die die Kapazitäten wieder aufbauen und dafür sorgen, dass zunächst einmal der aktuelle Soll-Fahrplan wieder gefahren werden kann. Danach kann man weitersehen.
Siehe auch: Pro Bahn fordert höhere Regionalisierungsmittel
Foto: Didgeman