Ein revolutionäres Erfolgsmodell fortsetzen
09.11.23 (Kommentar) Autor:Stefan Hennigfeld
Das Deutschlandticket ist eine Veränderung ähnlich groß wie die Eisenbahnreform es selbst war. Berufspendler werden erheblich entlastet, wer z.B. von Wuppertal nach Köln zur Arbeit fährt, spart rund 200 Euro im Monat. Wir alle wissen, was man für eine Bruttolohnerhöhung braucht, um am Ende 200 Euro netto mehr in der Tasche zu haben. Das ist erheblich und es führt dazu, dass viele ihre Scheu vor öffentlichen Verkehrsmitteln verlieren.
Es hat auch den Vorteil, dass ein Berufspendler bei einem Inlandsurlaub auch da ohne große Sorgen einfach in die Busse und Bahnen einsteigen können. Das VRR-Ticket gilt auch in Hamburg, München oder Berlin, es gilt an der Nordseeküste ebenso wie am Alpenkamm. Allerdings kann man eine solche massive Veränderung nur gesamtstaatlich lösen. Bis dahin war der Nutzer eine wichtige Finanzierungsquelle und gerade die Berufspendler, die über weitere Strecken fahren, hat man noch bis in dieses Jahr maximal abgemolken.
Man muss es leider so hart ausdrücken, denn so eine Monatskarte war nicht billig und für viele Leute, die sowieso ein Auto vorhalten müssen, war der Umstieg auf die Schiene bislang unwirtschaftlich. Nun gibt es so eine massive Veränderung nicht umsonst und man kann nicht sagen, dass der Bund oder dass die Länder es finanzieren müssen. Das geht alles nur gesamtstaatlich, d.h. man braucht Geld vom Bund und von den Ländern und die Regelung, dass sich Bund und Länder die Kosten teilen, ist ja gar nicht grundsätzlich falsch.
Jetzt sagt der Bund, dass die Länder weitere Mehrkosten übernehmen müssten. Das hat dann mit fairer Lastenverteilung nichts mehr zu tun. Einmal mehr droht die Eisenbahn zur puren Verhandlungsmasse zwischen Bund und Ländern, zwischen Regierung und Opposition zu werden. Da wird der Spruch einer Verkehrswende nicht mit Leben gefüllt, im Gegenteil. Auf der anderen Seite muss man aber auch sehen, dass gerade die Länder in Eisenbahnfragen jahrelang mit einer völligen Verweigerungshaltung aufgefallen sind.
Das fängt an mit der Senkung der Regionalisierungsgelder im Jahr 2007, als es eine Überkompensation aus der Umsatzsteuererhöhung gegeben hat, die Länder diese jetzt nicht mehr zweckgebundenen Finanzmittel aber anderweitig im Haushalt verfrühstückt und trotzdem nach Bundesgeldern gerufen. Noch im Jahr 2022 ließ Bayerns Verkehrsminister Christian Bernreiter (CSU) über den Bayrischen Rundfunk im Zusammenhang mit dem Deutschlandticket ausrichten, dass wenn der Bund so etwas haben möchte, müsste der Bund es bezahlen, die Länder hätten da nichts mit zu tun.
Die gleichen Leute beschweren sich dann, dass auch auf Bundesseite taktiert wird. Dabei reden wir von einer Finanzierungslücke, die gerade im Vergleich mit anderen Ausgaben der öffentlichen Hand noch immer relativ gering ist. Wenn sich Bund und Länder wirklich darauf einigen wollen, die Schiene zu stärken, dann braucht man nicht nur warme Worte, sondern auch Geld. Die Verkehrsunternehmen werden die Einnahmeausfälle keinesfalls kompensieren können.
Siehe auch: Deutschlandticket: Einigung auf Mai vertagt
Foto: Presse- und Informationsamt der Bundesregierung