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InfraGO AG auf den Weg gebracht

02.10.23 (Verkehrspolitik) Autor:Stefan Hennigfeld

Der Aufsichtsrat der Deutschen Bahn AG hat in seiner turnusmäßigen Sitzung letzte Woche beschlossen, die beiden Infrastruktursparten des Konzerns zu verschmelzen. Damit ist ein weiterer zentraler Meilenstein auf dem Weg zur gemeinwohlorientierten Infrastruktur erreicht. Mit einer Eintragung ins Handelsregister kann nun die für die Bahnhöfe und Verkehrsstationen zuständige DB Station&Service AG auf die DB Netz AG, die bisher für den Betrieb des Schienennetzes verantwortlich ist, verschmolzen werden. Die neue Gesellschaft soll als DB InfraGO AG firmieren und als Teil des DB-Konzerns am 1. Januar 2024 starten. Das „GO“ im Unternehmensnamen steht für gemeinwohlorientiert.

Werner Gatzer, Vorsitzender des Aufsichtsrates der Deutschen Bahn AG: „Die Verschmelzung der beiden Infrastruktursparten zur DB InfraGO AG ist ein großer Reformschritt für die Eisenbahn in Deutschland. Mit den heutigen Beschlüssen haben wir eine weitere gesellschaftsrechtliche Voraussetzung für die gemeinwohlorientierte Infrastruktur geschaffen. Damit steht eine weitere, wesentliche Säule unseres umfassenden Programms für Erneuerung und Modernisierung.“

Zweck des Unternehmens ist, die Eisenbahninfrastruktur als Wirtschaftsunternehmen unter besonderer Berücksichtigung gemeinwohlorientierter Ziele sowie der jeweils gegebenen Finanzierungsgrundlagen zu betreiben. Das bedeutet: Basis der DB InfraGO AG ist eine bedarfsgerechte, leistungsfähige und effiziente Eisenbahninfrastruktur mit hoher Kapazität, Qualität und Resilienz. Das betrifft sowohl Betrieb als auch Ausbau und Erhalt der Eisenbahninfrastruktur.

Das Management der Eisenbahninfrastruktur soll effizient, gesamtnetzbezogen und nutzerorientiert sein. Die DB InfraGO AG erfüllt die gesetzlichen Anforderungen an Transparenz und Beteiligung sowie Gleichbehandlung bei Zugang und Entgelten. Auch die Förderung des grenzüberschreitenden Eisenbahnverkehrs sowie von Innovationen und Klimaschutz, insbesondere durch Verkehrsverlagerung im Personen- und Güterverkehr, sind Ziele des Unternehmens.

Richard Lutz, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Bahn AG: „Wir setzen das umfangreichste Investitionsprogramm für Schienennetz und Bahnhöfe seit der Bahnreform 1994 um. Damit machen wir die Infrastruktur fit für Wachstum und Verkehrsverlagerung und schaffen die Grundlage, um die verkehrs- und klimapolitischen Ziele des Bundes für die Schiene zu erreichen. Ich freue mich sehr, dass der Bund uns die dafür notwendigen Mittel bereitstellen will. Für unsere ambitionierten Ziele müssen wir Synergien zwischen Fahrweg und Bahnhöfen bestmöglich nutzen und schlagkräftiger werden. Die heutigen Beschlüsse des Aufsichtsrates schaffen eine wesentliche Voraussetzung, damit wir ab Januar loslegen können.“

Eine ganze Reihe an offenen Fragen sehen die Verbände Mofair und das Netzwerk Europäischer Eisenbahnen sowie der Bundesverband Schienennahverkehr (BSN). Zwar hält man die besseren Schnittstellen zwischen Netz und Stationen für positiv, warnt jedoch vor der Rechtsform der Aktiengesellschaft als falsche Vorfestlegung.

Die Verbände des Bahnsektors haben das Vorhaben der Ampelkoalition grundsätzlich als Chance gesehen, die Rollenverteilung zwischen dem Bund als Eigentümer und der neuen Infrastruktursparte klar zu regeln, die Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit des Schienennetzes zu verbessern, die Schieneninfrastruktur stärker an den Nutzerinteressen auszurichten und die Entwicklung der Schieneninfrastruktur konsequenter mit den verkehrs- und klimapolitischen Zielen zu verzahnen.

Doch die weiterhin vorgesehene Weisungsbefugnis der DB AG gegenüber der neuen InfraGo konterkarieren die Eigenständigkeit und Gemeinwohlorientierung der neuen Infrastruktursparte. Dabei hilft es auch nicht, dass sich der Aufsichtsrat gegebenenfalls über das Votum der DB AG hinwegsetzen kann. Hierdurch werden erneut völlig ineffiziente Strukturen geschaffen, die eine zügige und eigenständige Gemeinwohlausrichtung behindert.

Richtig wäre vielmehr, dass Gesetzgeber und Regierung nach breiter und ergebnisoffener Konsultation der neuen InfraGo auf Grundlage eines langfristigen Umsetzungsplans konkrete Vorgaben für die anstehenden Sanierungen bzw. des Ausbaus der Infrastruktur von Schienen und Stationen geben und dabei auch die Reihenfolge von zentralen Maßnahmen vorgeben. Vor diesem Hintergrund warnt man davor, dass die InfraGO AG zur reinen Symbolpolitik werden könnte.

Siehe auch: Symbolpolitik reicht nicht

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