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Ein neuer Betreiber tut dem Markt gut

19.10.23 (Kommentar) Autor:Stefan Hennigfeld

Im vorletzten Jahr hat die französische Staatseisenbahn ihre deutsche Tochtergesellschaft an einen reinen Kapitalinvestor verkauft. Die deutsche Tochtergesellschaft der niederländischen Staatseisenbahn ist geschrumpft aus dem Schutzschirmverfahren gekommen, existiert aber weiter. Dennoch war der Markt so aufgestellt, dass andere Staatseisenbahnen nicht mehr um jeden Preis am deutschen SPNV teilnehmen wollten.

Verständlicherweise sind diese nicht bereit, defizitäre Verkehrsverträge zu erfüllen, wenn auf der anderen Seite die Bundesländer gigantische Summen nicht verausgabter Regionalisierungsgelder horten, aber ihre Auftragnehmer am langen Arm verdursten lassen. Zwei Jahre später sieht die Welt dann doch wieder etwas anders aus. Zum Glück kann man nur sagen.

Die Österreichische Bundesbahn möchte in Deutschland am SPNV teilnehmen und da fängt sie natürlich nicht in Niedersachsen oder Ostbrandenburg an, sondern naheliegenderweise in Bayern und Baden-Württemberg. Dabei ist man zuletzt in Baden-Württemberg eigentlich zurück zur Staatseisenbahn gegangen. Nicht indem man der DB AG das Feld überlassen würde, sondern z.B. indem die ehemalige Abellio Rail Baden-Württemberg durch ein landeseigenes Unternehmen aufgekauft wurde.

enn man also diesem Trend folgt und Go-Ahead in Großbritannien möchte nach einigen Jahren wieder aus dem deutschen Markt aussteigen, wäre es naheliegend gewesen, wenn die SWEG das Unternehmen übernommen hätte. Allerdings hat man bei der SWEG auch gesehen, dass man bei der größeren Expansion auch deutlich größere Probleme hat. So steht auf einmal die GDL vor der Tür und verlangt berechtigterweise die bei ihr organisierten Arbeitnehmer zu tarifieren.

So hat man sich das offensichtlich nicht gedacht und relativ schnell angekündigt, dass man den zugekauften Unternehmensteil auch kurzfristig wieder abstoßen möchte. Hier kann man sich freuen, dass die Österreichischen Bundesbahnen offensichtlich entgegen dem Trend nach Deutschland expandieren möchten.

Ja, sie tun das selbst aus einem geschlossenen Markt heraus, aber angesichts des Zustandes der DB-Auslandstochter Arriva und der schweren Eisenbahnkrise in Deutschland sieht es nicht so aus, als würde man im Berliner Bahntower derzeit große Lust haben, sich an der Ausschreibung des Dieselnetzes Wörthersee oder der RE-Leistungen von Salzburg nach Linz zu beteiligen.

Für die Aufgabenträger im Süden indes heißt das nicht automatisch, dass es einen zusätzlichen Akteur gibt, denn der britische Verkehrskonzern Go-Ahead verlässt Deutschland ja wieder – aus was auch immer für Gründen. Allerdings hat er hier eine Unternehmensstruktur aufgebaut, die die ÖBB nun übernimmt. Das zeigt, wie wichtig die Folgen des Abellio-Urteils aus dem Jahr 2011 noch immer sind: Denn der damalige Markteinstieg von Go-Ahead in Deutschland ist eine unmittelbare Folge. Die faire Ausschreibung ist ein einklagbarer Rechtsanspruch und kein Gnadenakt. Genau deshalb kommt jetzt die ÖBB in den deutschen Markt.

Siehe auch: ÖBB übernimmt Go-Ahead in Deutschland
Foto: Go-Ahead Bayern GmbH

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