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Personaloffensive in Nordrhein-Westfalen

21.09.23 (Nordrhein-Westfalen) Autor:Stefan Hennigfeld

Die schwarz-grüne Landesregierung in Nordrhein-Westfalen will zusammen mit den Unternehmen und Verbänden der Branche ÖPNV die bisherige Beschäftigungsoffensive ausweiten und den ÖPNV dadurch leistungsstärker, verlässlicher und vernetzter zu machen.

„Jeder kennt diese Durchsage am Bahnsteig: Die Fahrt der S-Bahnlinie XY muss wegen Personalmangel ausfallen. Damit muss so schnell wie möglich Schluss sein, denn fehlende Fachkräfte sind neben den unvermeidlichen Baustellen das größte Problem für den ÖPNV derzeit“, sagte Landesverkehrsminister Oliver Krischer (Grüne) „Mit unserer Beschäftigungsoffensive wollen wir dem Fachkräftemangel entgegentreten und investieren noch mehr in Menschen und ihr Fachwissen – und damit in die Zukunft der Schiene.“

Durch den akuten Fachkräftemangel verteilt sich die Mehrbelastung täglicher Störungsfälle auf zu wenige Schultern der Eisenbahner im Betriebsalltag. Um die angespannte Personalsituation auf der Schiene zu entlasten, investiert das Land Nordrhein-Westfalen jetzt sechs Millionen Euro in eine Beschäftigungsoffensive und setzt damit sein Engagement zur Fachkräftegewinnung für die Branche fort.

Die Zahlen sind alarmierend: Mit bis zu 15 Prozent Krankenständen bei Lokführern sowie Kundenbetreuerinnen und Kundenbetreuern hat sich die Zahl krankheitsbedingter Ausfälle im vergangenen Jahr im Vergleich zur Zeit vor der Pandemie nahezu verdoppelt. Auch die Fluktuation beim Personal hat sich zum Teil auf sieben bis acht Prozent pro Jahr fast verdoppelt; vor der Pandemie waren rund vier Prozent branchenüblich. Die krankheitsbedingten Zugausfälle bei den Eisenbahn-Verkehrsunternehmen haben in den letzten Monaten weiter zugenommen.

Minister Krischer: „Die Personaldecke ist einfach zu dünn. Jetzt stehen auch noch der Herbst und der Winter mit erwartbaren Grippe- und Erkältungswellen vor der Tür und damit verschärfen sich die Probleme für die Fahrgäste, die den Fachkräftemangel schon jetzt tagtäglich durch Verspätungen, Ausfälle und Schienenersatzverkehre deutlich zu spüren bekommen.“

Deshalb investiert die Branche jetzt gemeinsam mit der Landesregierung noch mehr in die Beschäftigungsoffensive, um so schnell wie möglich mehr Personal ins System zu bringen. In den kommenden Jahren rechnen die am Landesprogramm Fokus Bahn NRW beteiligten Unternehmen und Verbände allein für die Berufsgruppe der Lokführerinnen und Lokführer mit einer Fluktuation in Höhe von vierzig Prozent. Allein bis 2027 werden circa zwanzig Prozent der 3.000 Lokführer bei den Bahnen in Nordrhein-Westfalen in den Ruhestand treten.

Nach den letzten Befragungen und Hochrechnungen von Fokus Bahn NRW werden in Nordrhein-Westfalen zunächst bis 2025 mindestens 400 neue Fachkräfte dieser Berufsgruppe pro Jahr benötigt. Dank der Zusammenarbeit der Aufgabenträger und Nahverkehrsbahnen im Landesprogramm Fokus Bahn NRW konnten seit 2019 bereits ein relevanter Personalzuwachs für den Schienenpersonennahverkehr erzielt und bis 2023 rund 490 Lokführer qualifiziert werden. Aber nach den letzten Erhebungen fehlen allein in diesem Jahr immer noch 150 Triebfahrzeugführer.

Im Rahmen der Beschäftigungsoffensive werden für diese Berufsgruppe nun noch einmal zusätzliche, unternehmensübergreifende Qualifizierungen mit rund 100 Kursplätzen bereitgestellt. Das Qualifizierungsangebot von Fokus Bahn NRW wird damit auf 21 Kurse in den Jahren 2023/2024 aufgestockt. Auch im Bereich der Kundenbetreuung im Nahverkehr wird Personal benötigt.

600 zusätzliche Vollzeitstellen sollen den Personalbestand von rund 1.500 Mitarbeiter erhöhen, 300 Stellen konnten bereits besetzt werden. Erforderlich wird dies durch die Erhöhung der Begleitquote in neuen Verkehrsverträgen. Ebenfalls sehr gefordert ist die Berufsgruppe der Disponenten angesichts zunehmender Störfälle, langfristiger Schienenersatz- sowie kurzfristiger Busnotverkehre. Im Dezember 2022 waren 195 Disponentinnen und Disponenten für die Bahnen in NRW tätig, 25 Stellen waren zu diesem Zeitpunkt vakant.

Für 2023/24 sollen 35 neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gewonnen und qualifiziert werden. Der erste Kurs mit Teilnehmern aus vier Unternehmen startete im Frühjahr. Die Beschäftigten in den Leitstellen nehmen im Schienenpersonennahverkehr des Landes eine Schlüsselposition ein. Aufgrund der aktuellen und zu erwartenden Baustellen sind sie die derzeit am stärksten beanspruchte Berufsgruppe.

Siehe auch: Nackte Zahlen lügen nicht

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