Eisenbahnjournal Zughalt.de

Nachrichten über Eisenbahn und öffentlichen Verkehr

Deutschlandtakt oben und unten planen

18.09.23 (Kommentar) Autor:Stefan Hennigfeld

Zunächst einmal muss mal klar sagen: Die Eisenbahn und andere öffentliche Verkehrsmittel sind auskömmlich zu finanzieren. Nicht wenige erinnern sich noch gut an Zeiten in der zweiten Hälfte der Nullerjahre, als das nicht der Fall war. Die Bundesregierung hat, mit Zustimmung der Länder im Bundesrat, die Regionalisierungsgelder gesenkt, im Gegenzug flossen die Mehreinnahmen aus der Umsatzsteuer-Erhöhung an die Länder. Das ist übrigens bis heute der Fall. Die Länder erhielten als die gleiche Summe vom Bund, die Zweckbindung jedoch war weg und nur wenige waren bereit, es für die Schiene zu nutzen.

Dahin kann niemand zurückwollen: Dass es plötzlich Taktlücken gibt, weil das Geld nicht da ist, Züge zu bestellen. Zugläufe enden vorzeitig oder der Betriebsschluss ist schon um 20 Uhr und nicht erst um Mitternacht, einfach weil kein Geld da. Dahin kann niemand zurückwollen. Wir brauchen auch ausreichend Geld, um die Infrastruktur zu finanzieren. Es kann nicht sein, dass die Infrastruktur verfällt und die öffentliche Hand ihre Haushaltssanierung erkauft, weil sie einen Investitionsstau auflaufen lässt. Wenn das ernsthaft drohen sollte, muss man sagen: So nicht.

Allerdings befinden wir uns bereits im Jahrzehnt der Baustellen. Dieses hat das Bundesunternehmen DB Netz selbst ausgerufen und man hat ganz insgesamt nicht den Eindruck, dass die Finanzmittel nicht fließen. Im Gegenteil: Es sind einmal mehr die natürlichen Ressourcen einer Volkswirtschaft, die uns an die Grenzen des leistbaren bringen. Haben wir überhaupt genügend Bauarbeiter und Baustoffe?

In Berlin hatte man jüngst den Fall, dass sich eine Baustellen wegen fehlender Bauarbeiter verzögert. Können wir in diesem Eisenbahnnetz sinnvollerweise mehr Bauaktivitäten organisieren ohne dass die kurzfristigen Betriebseinschränkungen der Schiene insgesamt noch mehr schaden? Und lassen sich Leistungsausweitungen realisieren, selbst wenn das Geld da ist?

Wo man hinguckt in der Republik, überall werden Sonder- und Notfahrpläne entworfen, weil es an Personal fehlt. Wenn es mal genügend Lokführer gibt, wird eine Strecke wegen fehlender Fahrdienstleiter gesperrt. Die grundständigen Aufgaben müssen gelöst werden, bevor man über großartige Erweiterungen nachdenkt.

Das gilt übrigens auch in einem anderen Bereich: Der Deutschlandtakt kann nicht nur von oben kommen, er muss auch an der Basis real umgesetzt werden. Hier sind die Kommunen gefragt: Man muss dafür sorgen, dass die Busse gerade in der Tagesrandlage so fahren, dass sie auf den SPNV abgestimmt sind.

Wer seinen kommunalen Nahverkehrsplan so organisiert, dass er dabei keine Rücksicht auf den SPNV nimmt, der kann nicht am nächsten Tag Sondergelder vom Bund und vom Land verlangen, sondern der muss grundständigerweise dafür sorgen, dass die Vertaktung funktioniert. Hier kann man auch nicht immer einen Verkehrsminister zur Hilfe rufen, sondern das muss vor Ort geregelt werden – und wenn das vor Ort nicht klappt, dann wird es schwierig mit der Verkehrsverlagerung weg vom eigenen Auto.

Siehe auch: NRW: Verbände fordern mehr Geld für den ÖPNV
Foto: Verkehrsverbund Rhein-Ruhr

Kommentare sind geschlossen.