Es gäbe wichtigeres in Bayern
17.07.23 (Kommentar) Autor:Stefan Hennigfeld
95 Millionen Euro Landesfördermittel für sogenannte alternative Traktionsarten allein im laufenden Jahr im Freistaat Bayern sind eine Hausnummer. Zum Vergleich: Bayern kriegt vom Bund im laufenden Jahr rund 1,44 Milliarden Euro Regionalisierungsgelder um damit den SPNV vom Main bis an den Alpenkamm zu finanzieren. Man stelle sich einmal vor, wenn man auf moderne Dieselbusse setzen würde, die keinerlei Fördergelder bedürfen, was man auf der Schiene damit machen könnte. Z.B. ließen sich ordentlich Streckenkilometer elektrifizieren.
Da müsste man nicht auf den Bund oder das Bundesunternehmen DB Energie warten, bis die von sich aus vielleicht irgendwann einmal aktiv werden, sondern man könnte Eletkromobilität da fördern, wo sie wirtschaftlich und sinnvoll ist, nämlich auf der Schiene. Mit knapp hundert Millionen Euro in einem Jahr ließe sich in diese Richtung erheblich was bewegen. Oder wir gucken in die Fläche, denn außerhalb der Metropolregionen München und Nürnberg ist der ÖPNV-Anschluss im Freistaat leider oft sehr schlecht.
Die Bürger fahren dort kein Auto, weil sie uneinsichtige Trotzköpfe sind, sondern weil die öffentlichen Verkehrsmittel bestenfalls rudimentär vorhanden sind. Ein verlässlicher Stundentakt aus den Dörfern in die Mittelzentren mit direktem Anschluss an den SPNV wären Projekte, die man in Bayern nicht nur finanzieren könnte, sondern eigentlich auch finanzieren müsste.
Die Plusbusse aus vielen anderen Bundesländern könnten hier als Vorbild dienen: Es reicht eben nicht, wenn hin und wieder mal ein Bus fährt, sondern es braucht klare Qualitätsansprüche an den Taktverkehr und an die Anbindung zum SPNV, damit das Qualitätssiegel Plusbus geführt werden darf. Natürlich kann nach wie vor niemand die kommunalen Planungsämter zwingen, bei ihren Busfahrplänen Rücksicht auf den SPNV zu nehmen, aber der Name Plusbus darf eben nur geführt werden, wenn transparent definierte Qualitätskriterien erfüllt sind.
Zur Förderung entsprechender Buslinien ließen sich ebenfalls solche Gelder nutzen. Dann hätte man zwar keine Hokuspokus-Technologie, aber dafür verlässliche, wirtschaftliche und inzwischen auch vergleichsweise saubere konventionelle Dieselbuses. Wer heute noch von Stinkediesel spricht, der hat die letzten Jahrzehnte wahrscheinlich verschlafen.
Also anstatt sich auf Technologien einzuschießen, die nicht nur nicht marktfähig sind, sondern die auch nicht einmal neu sind, sollte man sich gerade in der bayrischen Fläche eher an grundständige Aufgaben wagen: Mehr Elektrifizierungen auf der Schiene und bessere konventionelle ÖPNV-Anbindung im ländlichen Raum.
Wenn man das schafft, kann man immer noch auf experimenteller Basis die Wissenschaft in der Praxis begleiten und gucken, ob es eines Tages doch gelingt, den konventionellen Dieselbus unter reinen Marktbedingungen zu schlagen. Aber die Annahme, dass man nach einer wie lange auch immer dauernden Anschubförderung irgendwann wirtschaftliche alternative Antriebe hat, hat sich bislang als falsch erwiesen.
Siehe auch: Freistaat Bayern fördert Elektro-Infrastruktur
Foto: Bayerisches Staatsministerium für Wohnen, Bau und Verkehr