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Die Zukunft vorbereiten

24.07.23 (Kommentar) Autor:Stefan Hennigfeld

Natürlich kann man jetzt schreiben, dass die Eisenbahn sowieso nicht die Kapazitäten hat, um ernsthafte Mehrverkehre aufzunehmen. Aber die aktuelle Eisenbahnkrise wird auch irgendwann überwunden sein und dann muss die Infrastruktur fit für die Herausforderungen des 21. Jahrhunderts sein. Dazu gehören natürlich überlange Güterzüge und dazu gehören auch entsprechende Überholgleise.

Die Geschwindigkeiten, mit denen Weichen befahren werden, sagen oft viel mehr über die Leistungsfähigkeit der Infrastruktur aus als die Endgeschwindigkeit auf der Strecke. Wenn man die Reisezeit zwischen Erfurt und Nürnberg auf unter eine Stunde bringt, dann hat man die idealen Voraussetzungen für einen vertakteten und verknüpften Verkehr geschaffen: Denn dann verlässt der Zug Nürnberg kurz nach dem Vollknoten und trifft kurz vor dem nächsten Vollknoten in Erfurt ein.

Entsprechend müssen die Gleisvorfelde leistungsfähig sein und die Bahnhöfe brauchen genügend Bahnsteigkanten, um die Züge möglichst zeitgleich abzufertigen. Dabei muss man natürlich auch in der Lage sein, Verspätungen wieder herauszufahren, um die Betriebsstabilität im Laufe des Tages wiederherstellen zu können.

Wenn Verspätungen aus einem großen Eisenbahnknoten wegen einer nicht ausreichend leistungsfähigen Infrastruktur bis weit in die Region hineinwirken und von dort aus einigen Stunden später wie ein Bumerang zurückkommen, dann haben wir ein Problem und in kürzester Zeit hat man Zustände, wie sie heute überall in der Republik auftauchen: Der betriebliche Alltag wird zur reinen Mangelverwaltung. Der Fahrdienstleiter im Stellwerk, falls es noch einen gibt und die Strecke nicht sowieso wegen Personalmangel geschlossen ist, macht nichts anderes mehr als zu verhindern, dass der Verkehr und der Fahrplan vollständig zusammenbrechen.

Damit das nicht passiert, braucht man eine entsprechend leistungsfähige Infrastruktur: Ausweich- und Überholstellen, höhere Weichengeschwindigkeiten und vieles mehr. Es macht einen riesigen Unterschied aus, ob ein zwei Kilometer langes Gleisvorfeld mit 80 oder mit 40 Kilometern pro Stunde befahren werden kann.

Dabei kann man den Güter- und Personenverkehr in einem Mischnetz wie Deutschland es hat nicht so ohne weiteres trennen. Natürlich wäre es sinnvoll, hoch nachgefragte Güterverkehrsachsen vom Personenverkehr zu trennen, aber in aller Regel teilen sich Personen- und Güterzüge nun einmal die Strecken. Entsprechend muss man diese präparieren, dass zwar die Personenzüge möglichst auf die Minute pünktlich kommen, gleichzeitig aber die Güterzüge nicht so viel Zeit verlieren, dass es für die Auftraggeber attraktiver wird, doch die Straße zu nehmen.

Zumal es im Schüttgutbereich auch Stoffe gibt, die Kraft Gesetzes nur auf der Schiene transportiert werden dürfen. Hier muss die Schiene sich zuverlässig zeigen: Es muss funktionieren. Die Eisenbahn hat sich mit der Abschaffung der alten Behördenbahn mühsam von dem Ruf befreit, unzuverlässig zu sein. Dabei muss es auch in diesem 21. Jahrhundert bleiben.

Siehe auch: Investitionsprogramm in Bayern
Foto: Deutsche Bahn AG / Uwe Miethe

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