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GDL legt umfassende Tarifforderungen vor

07.06.23 (Allgemein) Autor:Stefan Hennigfeld

Die Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) hat vorgestern ihre aktuellen Tarifforderungen der Deutschen Bahn gegenüber bekannt gegeben. Darüber hinaus wurde die Genossenschaft Fair Train e.G. gegründet, die als Leiharbeitsunternehmen für Lokomotivführer dienen soll. Mitglieder wurden aufgerufen, sich mittelfristig dort einstellen zu lassen. Dabei hat man fünf zentrale Forderungen aufgestellt. Die allgemeine Entgelterhöhung soll 555 Euro betragen, die Zulagen für Schichtarbeit um 25 Prozent.

Die Arbeitszeit soll von 38 auf 35 Stunden pro Woche sinken – bei vollem Lohnausgleich. Es soll zudem eine steuerfreie Inflationsausgleichsprämie in Höhe von dreitausend Euro geben: Für alle, egal ob Voll- oder Teilzeitarbeitnehmer. Der Arbeitgeberanteil an der betrieblichen Altersvorsorge soll um fünf Prozent steigen und es soll für alle Eisenbahner im Schichtdienst eine verlässliche Fünftagewoche geben.

Die GDL will mit diesen Forderungen den Problemen im Eisenbahnverkehrsmarkt – wie dem strukturellen Personalmangel, der derzeit geringen Attraktivität der Eisenbahnerberufe sowie dem nachvollziehbaren Wunsch der Arbeitnehmer nach Souveränität bei der Arbeitszeitgestaltung trotz unregelmäßigem Schichtdienst – Rechnung tragen. Dabei spiele, so die GDL, auch die galoppierende Inflation, in der wir uns nunmehr seit zwei Jahren befinden, eine gewichtige Rolle.

Claus Weselsky, Bundesvorsitzender der GDL: „Es bedarf schnellstmöglich einer deutlichen Verbesserung der materiellen und immateriellen Arbeits- und Lebensbedingungen der Eisenbahner, vor allem im direkten Bereich und in den unregelmäßigen Schichtsystemen (24/7/365), damit der Schienenverkehr in Deutschland wieder zukunftsfähig wird und die Eisenbahnverkehrsunternehmen (EVU) und Eisenbahninfrastrukturunternehmern (EIU) wieder eine ausreichende Anzahl von Fachkräften zur Erbringung der täglichen, geplanten Leistungen gewinnen können.“

Beispielhaft seien hier Informationen aus den EVU genannt, wonach auf 100 offene Lokomotivführer-Stellen im Schnitt lediglich 54 qualifizierte Bewerber kommen. Zudem scheiden rund 50 Prozent der derzeit angestellten Fachkräfte in den folgenden Jahren altersbedingt aus dem Arbeitsleben aus. Daneben fehlen auch weitere Interessenten im direkten Bereich der Eisenbahnen, beispielsweise bei Zugbegleitern, Bordgastronomen, Werkstattmitarbeitern, Fahrdienstleitern, dem Ausbildungspersonal und in der Netzinfrastruktur.

Neben der Bekanntgabe der Tarifforderungen ist darüber hinaus eine weitere Meldung für den gesamten Eisenbahnmarkt von Bedeutung. Mit Gründung der Genossenschaft Fair Train e.G. will die GDL neue Maßstäbe setzen. „Die Eisenbahner nehmen ihr Schicksal in Zukunft schrittweise in die eigenen Hände“, so Weselsky.

Man habe sich zu lange anschauen müssen, wie einige Arbeitgeber mit „Tricks und Winkelzügen“ Tarifverträge umschiffen und damit den GDL-Mitgliedern die Erfolge „auf perfide Weise entziehen.“ „Wir übernehmen nunmehr die Verantwortung und haben mit der Fair Train e. G. ein Unternehmen gegründet, welches im Bereich der Arbeitnehmerüberlassung von Lokomotivführern mit fairen Bedingungen aufwartet“, so Weselsky.

Weselsky: „Das ist notwendig, weil in Zeiten des Personal- und Fachkräftemangels die Eisenbahnberufe des direkten Bereiches und vor allem im Schicht- und Wechseldienst im harten Wettbewerb um Nachwuchs zwingend attraktiver gemacht werden müssen. Es reicht nicht aus, die Verkehrswende einleiten zu wollen, wenn man für die Berufe mit Schichtarbeit keine besonderen Anreize schafft und sie so wie bisher als das Schmuddelkind im Jobranking verkommen lässt.“

Im Bahnbereich gibt es bekanntermaßen den Marktführer DB AG, wo den eigenen Mitarbeitern tarifliche und soziale Leistungen absichtlich entzogen werden. „Damit muss Schluss sein, sonst werden wir in Deutschland in wenigen Jahren auf neu ausgebauten Strecken Ziegen halten können, weil keiner mehr in den Zügen arbeiten will“, so Weselsky.

Die GDL hat sich deshalb auf den Weg gemacht und nach einer Lösung gesucht. Wir müssen die Dienstleistung „Bahn“ wieder pünktlich, zuverlässig und auch zukunftssicher zur Verfügung stellen. Das DB Management habe „allen bewiesen, dass sie es nicht können.“ „Als Personaldienstleister im Genossenschaftsmodell werden wir im Eisenbahnmarkt viele EVUs als unsere Partner finden, Kooperationen schließen und gleichzeitig den Mitarbeitern attraktive Tarifbedingungen garantieren können“, so Claus Weselsky.

Siehe auch: Personalakquise kostet gutes Geld

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