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Die kommunale AG als Sondervermögen

01.06.23 (Kommentar) Autor:Stefan Hennigfeld

Wenn der Bundeskanzler von einer Zeitenwende spricht und ein Sondervermögen ausruft, dass man hundert Milliarden Euro für die Bundeswehr bereithält, dann wird er von einigen Leuten kritisiert, die durchaus eine ausreichende Finanzierung der Bundeswehr befürworten, aber ein solches Sondervermögen, um nicht zu sagen Sonderschulden ablehnen. Ein anderes oft verwendetes Wort für Sondervermögen der öffentlichen Hand ist Schattenhaushalt.

Der Staat nimmt Kredite auf, um Dinge zu finanzieren, die seine Aufgabe sind, stellt diese aber nicht in seinen Haushalt ein, sondern spricht von einem Sondervermögen. Die alte Deutsche Bundesbahn war etwa ein solches Sondervermögen. Auch der Rechtsnachfolger, der nicht etwa die DB AG ist, sondern das Bundeseisenbahnvermögen, ist ein Sondervermögen des Bundes. Man kann es auch Schattenhaushalt nennen. Dieses Thema gibt es nicht nur auf der Bundesebene, sondern auch in den Ländern und Kommunen.

Kommunale Eigenbetriebe sind besonders anfällig dafür, als Schattenhaushalte ihrer Gesellschafter genutzt zu werden: Man untersteht nicht dem Haushaltsrecht, oft hat man eine GmbH oder AG mit der öffentlichen Hand als Alleinaktionär oder Alleingesellschafter, aber eben formaljuristisch ist es nicht die öffentliche Hand selbst. Wenn jetzt die Hamburger Hochbahn 300 Millionen Euro Fremdkapital einsammelt, um dafür in die Infrastruktur der öffentlichen Verkehrsmittel an der Waterkant zu investieren, dann stellt sich schon die Frage, ob so etwas nicht eigentlich die ureigene Aufgabe der öffentlichen Hand ist.

Die Hochbahn ist natürlich als Unternehmen der Freien und Hansestadt Hamburg für die Ausführung zuständig und sie bewirtschaftet auch die Infrastruktur der öffentlichen Hand, aber die Finanzierung ist nicht deren Aufgabe. Wenn man hier 300 Millionen Euro Schulden macht – und nichts anderes ist eine Kapitalsammlung – diese dann aber bei der Hamburger Hochbahn AG bilanziert und eben nicht bei der Freien und Hansestadt Hamburg, dann haben wir genau den gleichen Kritikpunkt erreicht, wenn von einem Sondervermögen für die Bundeswehr die Rede ist.

Natürlich kann man in dem Zusammenhang davon sprechen, dass die Schuldenbremse für die öffentlichen Haushalte eine Rolle spielt. Das mag sein, aber die öffentliche Hand ist nun einmal für die Bereitstellung einer funktionierenden Infrastruktur verantwortlich und niemand sonst. Hierfür steht ihr ein Steueraufkommen zur Verfügung und auch die Möglichkeit, Investitionen über Nettoneuverschuldung zu finanzieren.

Dabei sind Staatsschulden auch gar nichts per se schlechtes: Man stelle sich ein Unternehmen vor, das über Jahrzehnte nicht investiert. Das mag schuldenfrei sein, ist aber dennoch wertlos. Das ist beim Staat genauso. Was nutzt mir die schwarze Null, wenn dafür alles verfällt? Um sich finanz- und haushaltspolitisch ehrlich zu machen, gehören solche Investitionen, wie man sie jetzt an der Waterkant plant, nicht bei einer kommunalen Aktiengesellschaft, sondern bei der öffentlichen Hand selbst bilanziert.

Siehe auch: Hochbahn sammelt Investitionskapital ein
Foto: Hamburger Hochbahn AG / Marc-Oliver Schulz

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