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Den guten Weg weitergehen

22.06.23 (Kommentar) Autor:Stefan Hennigfeld

Bislang ist es üblich, dass einzelne Verkehrsverbünde oder Bundesländer für ihr jeweiliges Gebiet Angebote schaffen, die man zum Deutschlandticket dazukaufen kann. Für die Summe X ist im Verkehrsverbund Sowieso die Nutzung der ersten Klasse möglich, die Fahrradmitnahme oder sonst irgendwas in diese Richtung. Das ist für den Anfang auch ganz in Ordnung, aber langfristig braucht man da natürlich bundesweite Regelungen.

Nun könnte man meinen, in einem stark verbilligten Fahrschein wie dem Deutschlandticket ist die erste Wagenklasse halt nicht vorgesehen. Aber gerade im Metropolverkehr an Rhein und Ruhr ist die erste Klasse für viele Fahrgäste die eingebaute Sitzplatzgarantie. Dann gibt man lieber etwas mehr Geld für das monatliche Ticket aus, muss sich dafür aber nicht in die überfüllte zweite Klasse zwängen.

Wobei sich das Thema ja noch dramatisieren wird, wenn man tatsächlich erhebliche Fahrgastzuwächse realisiert, die dann aber nicht oder nur sehr schwer mit den bestehenden Kapazitäten aufgenommen werden können. Hier stellt sich die Frage, ob das Deutschlandticket nicht für bisherige Zeitkarteninhaber auch zu einer Belastung entwickeln kann, weil sie sich die Bahncard 100 kaufen und auf den Fernverkehr umsteigen, weil die ohnehin schon überfüllten Regionalzüge unbenutzbar zu werden drohen.

Allerdings hat man jetzt, anders als beim Neun-Euro-Ticket, keine Spaß- und Partyfahrer mehr dabei. Das sind Dinge, die wird man in einigen Monaten wohl näher analysieren können. Was aber richtig ist, ist dass es z.B. für Studenten jetzt schon die Möglichkeit gibt, zum Semesterticket aufzuzahlen und damit auch bundesweit unterwegs zu sein.

Natürlich kann man jetzt sagen, dass die jungen Leute studieren und nicht auf große Fahrt gehen sollen. Aber wer z.B. in Köln studiert und aus Koblenz kommt oder wer in Berlin studiert und in Sachsen-Anhalt lebt, der ist froh, wenn er für relativ kleines Geld sein Semesterticket bundesweit ausweiten kann – und nicht gezwungen ist, ein reguläres Deutschlandticket zu erwerben, das dann zusätzlich zum Semesterticket gekauft werden muss.

Ob es gelingt, ein bundesweites Solidarmodell einzuführen und dafür zu sorgen, dass das Semesterticket einfach zu einem verbilligten Deutschlandticket wird, muss man sehen, es wäre auf jeden Fall wünschenswert. So wie es in den späten Nullerjahren gelungen ist, für die Semestertickets die NRW-weite Gültigkeit herbeizuführen, so wäre das der logische nächste Schritt. Das Deutschlandticket ist als Nachfolger des Neun-Euro-Tickets relativ überraschend auf den Markt gekommen, aber es war richtig und wichtig, das politische Momentum hierfür zu nutzen.

Die eisenbahnpolitische Änderung ist wohl ähnlich groß wie die Eisenbahnreform und die Regionalisierung im SPNV in den 1990er Jahren selbst waren. Jetzt gilt es, diese Änderung mit politischen Mitteln auszugestalten. Das mag eine Weile dauern, aber auch hier muss man den Weg in seiner inneren Logik weitergehen und dafür sorgen, dass Busse und Bahnen möglichst attraktiv sind.

Siehe auch: VRR: Herausforderungen zum Deutschlandticket
Foto: Deutsche Bahn AG / Georg Wagner

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