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Die Zeit nach dem Investitionszyklus

25.05.23 (Kommentar) Autor:Stefan Hennigfeld

Die DB AG investiert dieser Tage massiv in die Infrastruktur, aber auch ins Rollmaterial. Kann der Konzern das überhaupt? Sehen wir uns das letzte Sondergutachten des Bundesrechnungshofes an, dann wird der Konzern dort bereits jetzt als Sanierungsfall bezeichnet. Der Schuldenstand ist ähnlich hoch wie kurz nach Mauerfall und Einheit, als mit der Eisenbahnreform das Ende der alten Behördenbahn eingeleitet war.

Die sich im Euroraum verändernde Zinspolitik wird in den kommenden Jahren zu einem unkalkulierbaren Risiko. Niemand kann heute sagen, was es mit den Finanzstrukturen eines so stark verschuldeten Konzerns macht, wenn die Niedrig- und Nullzinsphase endet. Bei einer Nettoschuldenlast in Höhe von knapp dreißig Milliarden Euro kann sich jeder selbst ausrechnen, wie sehr die Zinsen in Zukunft drücken werden.

Allerdings: Selbst unter Rüdiger Grube gab es keine Pläne, die Verschuldung zu reduzieren, sondern statt dessen hatte man absurde Wachstumsraten mit Umsätzen geplant, die weit höher sind als das, was jemals realistisch erscheint. Überhaupt, wo steuert die Eisenbahn hin, auch wenn sie jetzt neue Fernverkehrszüge kriegt? Das offizielle Narrativ lautet noch immer, dass die Fahrgastzahlen bis zum Jahr 2030 verdoppelt werden sollen.

Es sieht nicht so aus, als würde die Ampelkoalition sich offiziell von diesem Ziel verabschieden, ganz gleich wie unrealistisch es erscheint. Vielleicht möchte man das der nächsten Bundesregierung überlassen, es kann aber auch sein, dass SPD und Grüne darauf hoffen, hierfür ihrem ungeliebten Koalitionspartner FDP den schwarzen Peter zuschieben zu können.

In den Konzernetagen der DB AG plant man aber weit über die Bundestagswahl im übernächsten Jahr hinaus. Dort rechnet man sich schon jetzt aus, wann der aktuelle Investitionshochlauf abgeschlossen sein wird: Wenn die letzten Züge gegen 2028 ausgeliefert werden, neigt sich auch das Jahrzehnt der Baustellen dem Ende zu. Wie hoch der Schuldenstand dann sein wird und wie sehr die Zinsen drücken, kann aktuell niemand sagen.

Dennoch bin ich mir sicher, dass man einen Plan hat: Eine neuerliche Entschuldung des DB-Konzerns auf Kosten des Bundeseisenbahnvermögens. Der Konzern hat erfahrene und gut bezahlte Lobbyisten, die genau wissen, wie man eine solche Kampagne fährt. Es werden in den einschlägigen Tageszeitungen oder auch Wochenmagazinen Berichte erscheinen, in denen der eine oder andere Professor sagt, wie sinnvoll es doch wäre, die Schuldenlast des Konzerns auf das Bundeseisenbahnvermögen abzuschieben.

Es war ja schon 1994 so ein Erfolg, die DB AG schuldenfrei starten zu lassen, warum sollte man das nicht wieder tun? Schließlich hat die DB AG ja auch seit ihrer Gründung einiges getan, um den Schaden aufzuarbeiten, die die alte Behördenbahn hinterlassen hat. Dann wird es Verkehrspolitiker im Bundestag oder auch Landesverkehrsminister geben, die sich dafür erwärmen und schon ist die Debatte da. Ob das dann gemacht wird, wird man sehen. Aber die Planungen laufen im Bahntower mit Sicherheit bereits jetzt.

Siehe auch: DB AG beschafft weitere ICE-Triebzüge
Foto: Deutsche Bahn AG / Claus Weber

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