Zusätzliche Finanzmittel vernünftig nutzen
03.04.23 (Kommentar) Autor:Stefan Hennigfeld
Ich persönlich kenne niemanden, der gegen eine auskömmliche Finanzierung der Eisenbahn in Deutschland ist. Selbstverständlich muss die öffentliche Hand dafür sorgen, dass die Verkehrsinfrastruktur bedarfsgerecht finanziert wird. Im Falle der Eisenbahn ist das tatsächlich der Bund. DB Netz ist ein Bundesunternehmen und der Bund ist dafür zuständig, dass die Infrastruktur das Geld kriegt, das notwendig ist, um sie betriebsbereit vorzuhalten.
Jetzt kann man natürlich darüber diskutieren, ob man im Rahmen einer logischen Fortschreibung der Eisenbahnreform nicht irgendwann auch solche Teiles des Netzes, die im wesentlichen durch den SPNV genutzt werden, in die Verantwortung der Länder gibt, doch solange man einen integrierten Mischkonzern hat, ist das eine rein theoretische Diskussion ohne Praxisbezug. Man muss allerdings auch sagen, dass die schwere Eisenbahnkrise in Deutschland nicht durch tatsächliche oder vermeintliche Unterfinanzierung verursacht worden ist.
Deshalb sollte man sich auch andere Dinge angucken. Wir leben im von DB Netz ausgerufenen „Jahrzehnt der Baustellen“ und jetzt kommen in einem Zeitraum von vier Jahren noch einmal 45 Milliarden Euro dazu, die zu verausgaben sind. Was macht eine nochmal steigende Bauaktivität mit der Eisenbahninfrastruktur und ihrer Leistungsfähigkeit in dieser Zeit? Werden Streckensperrungen, Ersatzverkehre und vieles mehr noch häufiger sein als ohnehin schon? Wird der kurzfristige Schaden, der durch noch höhere Bauintensität entsteht wirklich noch durch langfristigen Nutzen gerechtfertigt?
Braucht man nicht viel eher eine Steuerung, die die Bauaktivitäten so organisiert, dass man nicht mehr mit der Holzhammermethode riesige Ausfallzeiten hat? Aber noch ein anderer Punkt ist offen und über den mag scheinbar niemand in der Eisenbahnbranche so gerne sprechen: Wie ist das Bundesunternehmen DB Netz denn auf einen möglichen Mangel an Bau- und Rohstoffen vorbereitet? Gibt es langfristige Verträge mit entsprechenden Lieferanten, in denen diese sich verpflichten, DB Netz prioritär zu bedienen? Oder droht das Geld mangels Bau- und Rohstoffe oder mangels Baufachkräfte liegenzubleiben?
Der Personalmangel, den die Verkehrs- und Infrastrukturunternehmen haben, der ist auch bei den Bauunternehmen ein Thema. Auch hier: Ist man da vorbereitet oder lässt man alles auf sich zukommen? Aber selbst wenn wir von einer in naher Zukunft deutlich besseren Infrastruktur ausgehen, so hat auch der Bundesverband Schienennahverkehr natürlich recht, wenn er darauf hinweist, dass es hinterher auch Geld in der Kasse geben muss, um die Betriebsleistungen bei den Eisenbahnverkehrsunternehmen zu bestellen.
Wer länger dabei ist, kennt diese Diskussionen und der weiß auch, dass so manch ein Versprechen, das mit Infrastrukturausbauten einhergegangen ist, am Ende daran gescheitert ist, dass kein Geld da gewesen wäre, die späteren Betriebsleistungen zu finanzieren. Es gibt also noch eine ganze Reihe an Themen, denen man sich jetzt zuwenden muss.
Siehe auch: Koalitionsausschuss: Mehr Geld für die Schiene
Foto: Deutsche Bahn AG / Volker Emersleben