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Wirtschaftliche Realitäten im Blick behalten

13.04.23 (Kommentar) Autor:Stefan Hennigfeld

Wenn man den Begriff „alternative Antriebe“ hört, dann wird damit natürlich suggeriert, es handele sich um Technologien, die relativ frisch aus der Forschung und Entwicklung in die Praxis gekommen sind. Tatsächlich aber sind sowohl Akkutriebzüge als auch Wasserstoffantrieb ähnlich alt wie klassische Elektrotriebzüge oder auch Diesel- oder Ottomotoren. Dass sie sich nicht auf dem Markt durchsetzen konnten, hat damit zu tun, dass sie unwirtschaftlich sind und wir sehen jetzt im bayrischen Wald, dass Akkuzüge so ohne weiteres eben nicht wirtschaftlich darstellbar sind.

Die Idee, dass Züge auf elektrifizierten Abschnitten aus der Oberleitung nachladen, um dann auf anderen Abschnitten aus der Batterie ihre Elektrizität ziehen zu können ist ja im Grundsatz gar nicht so falsch. Man kann sie z.B. nutzen für Züge, die ansonsten weite Abschnitte unter Fahrdraht in Dieseltraktion fahren müssten, es aber aus was auch immer für Gründen nicht möglich ist, kurze Elektrifizierungslücken zu schließen.

Wobei das muss klar sein: Die Oberleitung muss die Regel sein, wir haben in Deutschland noch immer zu viele Eisenbahnstrecken ohne. Hier muss sowohl die Ampelkoalition im Bund aktiv werden, aber auch die Landesregierungen und Aufgabenträger sind gefordert, hier aktiv zu werden. Aber auf reinen Dieselstrecken ist bereits der Bau sogenannter Oberleitungsinseln so teuer, dass sich der Umstieg auf Akkutriebzüge nicht lohnt.

Komplett außen vor bei der Dresdner Untersuchung zum bayrischen Wald ist die Frage, mit welchen Folgekosten man im Laufe der Jahrzehnte im Betrieb rechnen muss: Wir wissen nicht, ob die in den Zügen verbauten Akkus wirklich dreißig Jahre und länger halten oder ob man während der Lebensdauer der Züge gezwungen ist, die Akkus für sehr viel Geld auszutauschen; vielleicht sogar mehrfach. Natürlich kann man nicht sicher sagen, dass es so kommen wird, bei einer Technologie, die im praktischen Alltag derzeit jedoch kaum stattfindet, muss man mit allem möglichen rechnen.

Diese Frage werden sich im nächsten Schritt auch potentielle Bieter stellen, auf deren Angebote die BEG zwingend angewiesen ist. Entweder man kann im Vorfeld sagen, dass der Aufgabenträger bereit ist, sich an den Kosten solcher unerwarteten Ersatzbeschaffungen zu beteiligen, dann muss dieser im Vorfeld Rücklagen bilden, oder der Aufgabenträger muss damit rechnen, dass die Bieter entsprechende Risiken einkalkulieren. Für viele Wettbewerbsbahnen dürfte es daher uninteressant sein, in ein solches Risiko zu gehen.

Es bleibt das eine Bundesunternehmen, das aber dann entsprechende Preise aufrufen wird. Jetzt möchte man es mit Wasserstoffzügen versuchen. Schlimmstenfalls wird im bayrischen Wald ein Szenario entstehen, bei dem die Anschaffung moderner, effizienter Dieselzüge die wirtschaftlichste Variante ist. Da ist es möglich, dass man mit politischen Mittel dazwischengrätscht. Es zeigt aber auch, dass diverse Wunder- und Hokuspokustechnologien bereits vor dem ersten Einsatz an die Grenzen ihrer Potentiale zu stoßen drohen.

Siehe auch: BEG: Akkuzüge sind machbar, aber unwirtschaftlich
Foto: Die Länderbahn DLB / Klaus-Dieter Neumann

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