Koalitionsausschuss: Mehr Geld für die Schiene
03.04.23 (Verkehrspolitik) Autor:Stefan Hennigfeld
Nach einer rund dreißigstündigen Sitzung des Koalitionsausschusses zwischen SPD, Grünen und FDP hat man sich in der letzten Woche grundsätzlich darauf geeinigt, mehr Geld für Investitionen in die Schiene zur Verfügung zu stellen. Die Ampel-Koalition beziffert das notwendige Investitionsvolumen in die Eisenbahninfrastruktur auf 45 Milliarden Euro bis 2027. Zur Gegenfinanzierung soll unter anderem ein erheblicher Anteil der Mehreinnahmen aus der erhöhten LKW-Maut dienen.
Zudem sollen Schienenprojekte, die bisher als „vordringlicher Bedarf“ eingestuft waren, künftig als „überragendes öffentliches Interesse“ definiert werden. Dadurch sollen Planung und Umsetzung dieser Projekte beschleunigt werden. Die Regionalisierungsgelder sind davon nicht betroffen. Hier müssen gesonderte Bund-Länder-Verhandlungen geführt werden, wenn diese erhöht werden sollen.
Der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) begrüßt die Arbeitsergebnisse des Koalitionsausschusses der drei Ampelparteien: „Das ist ein wichtiger Schritt für die Schieneninfrastruktur, für die Eisenbahn in Deutschland und damit auch für mehr klimafreundlichen Verkehr: erhöhte Investitionen ins Netz, Ausbau von Terminals im Kombinierten Verkehr und Beschleunigungen bei der Planung sind zentrale Ergebnisse, die das Gesamtsystem in den kommenden Jahren deutlich voranbringen werden. Das begrüßen wir, jetzt kommt es auf eine schnelle Umsetzung dieser Beschlüsse an“, so VDV-Hauptgeschäftsführer Oliver Wolff.
Auch der Bundesverband Schienennahverkehr (BSN), der Verband der Aufgabenträger, sieht in dieser Entscheidung einen zentralen eisenbahnpolitischen Erfolg. Verbandspräsident Thomas Prechtl: „Mit der Entscheidung, künftig den Löwenanteil der zusätzlichen Mauteinnahmen der Schieneninfrastruktur zukommen zu lassen, ist ein Meilenstein für die Finanzierung der Schiene erreicht. Dies begrüßen wir sehr. Auf dieser Grundlage kann das marode Netz der DB AG saniert werden. Insbesondere die Digitalisierung des Bestandsnetzes kann für den Nahverkehr auf der Schiene zusätzliche Kapazitäten schaffen – wenn sie denn richtig umgesetzt wird. Dazu muss jedoch endlich die seit langem angekündigte Förderrichtlinie zur Digitalisierung von Schienenfahrzeugen veröffentlicht werden. Denn ohne digital ertüchtigte Fahrzeuge bringt auch der beste digitale Netzausbau keinen Zusatznutzen.“
Prechtl fordert allerdings auch eine deutliche Erhöhung der Regionalisierungsgelder – zusätzlich zur aktuellen Einigung. „Es muss dem Bund klar sein, dass ohne eine substanzielle Erhöhung der Regionalisierungsmittel bereits ab 2024 der bestehende Nahverkehr auf der Schiene nicht mehr gesichert ist. Ohne deutlich höhere Mittel können zudem auch keine Mehrverkehre bestellt werden“, stellt Prechtl fest. „Vor allem die langfristige Finanzierung des jetzt zum 1. Mai einzuführenden Deutschlandtickets – von vielen auch als Klimaticket bezeichnet – bleibt zu klären. Dies muss jetzt nachgeholt werden, denn sonst verfügen wir künftig zwar über eine bessere Infrastruktur – jedoch mangelt es dann am Nahverkehrsangebot auf der Schiene.“
Erfreut zeigt sich auch der Wettbewerberverband Mofair. Verbandspräsident Tobias Heinemann: „Das Warten hat sich doch gelohnt. Nach Monaten und Jahren des Nichtentscheidens sind nun wichtige Schritte gemacht, vor allem die Durchbrechung der bisher getrennten Finanzierungskreisläufe für Straße und Schiene durch Verkehrsminister Volker Wissing. Die zusätzlichen Mittel dürfen ausschließlich in die Infrastruktur fließen. Dazu müssen eine neue Finanzierungsarchitektur und die gemeinwohlorientierte Infrastruktursparte kommen.“
Heinemann: „Möglichst viele Mittel müssen über Baukostenzuschüsse fließen, da nur diese neutral für den Wettbewerb sind und die Trassen- und Stationspreise nicht nach oben treiben. Insbesondere dann aber, wenn es erneut Eigenkapitalerhöhungen bei den DB-Gesellschaften geben soll, müssen die Ergebnisabführungs- und Beherrschungsverträge zwischen den Monopolbereichen und der Konzernholding gekappt werden, vollständig getrennte Bilanzen aufgestellt sowie das Cashpooling und gegenseitige Kreditvergaben beendet werden.“
Auch die DB AG selbst bzw. deren Vorstandsvorsitzender Richard Lutz zeigt sich zufrieden: „Wir begrüßen die Ergebnisse des Koalitionsausschusses, den Investitionsstau beim deutschen Schienennetz entschlossen abzubauen. Die Entscheidungen sind eine wirkliche Weichenstellung für das Schienennetz der Zukunft.“
Siehe auch: Zusätzliche Finanzmittel vernünftig nutzen