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Die Konzernstruktur überdenken

06.04.23 (Kommentar) Autor:Stefan Hennigfeld

Also fassen wir zusammen: Auch wenn das Nachsteuerergebnis nach wie vor verlustträchtig ist, so hat man es dennoch rein operativ wieder in die schwarzen Zahlen geschafft. Diese rühren allerdings nicht aus dem Eisenbahnverkehr in Deutschland, den man einst das „Brot- und Buttergeschäft“ nannte. Dieser ist nach wie vor defizitär, insbesondere die Gütersparte. Richard Lutz sagt, der SPFV hätte einen Fahrgastrekord verzeichnet und das wird wohl auch stimmen.

Aber nicht, weil die Leute sich durch den intellektuell fragwürdigen Hashtag #Flugscham der Allianz pro Schiene alle von Eurowings zur DB AG verabschiedet hätten, sondern weil das Neun-Euro-Ticket faktisch dafür gesorgt hat, dass der klassische Regionalverkehr unbenutzbar geworden ist. Niemand kann seriös nachvollziehen, wieviele Berufspendler in diesen drei Monaten auf eine Bahncard100 umgestiegen und vielleicht sogar dabeigeblieben sind, weil es einfach nicht mehr ging in völlig überfüllten Regionalzügen gemeinsam mit den Partylöwen auf dem Weg nach Sylt.

Wir müssen uns aber ausgehend von dieser Bilanz und dem jüngst publizierten Gutachten des Bundesrechnungshofes ernsthaft fragen, wohin diese DB AG auf der einen und die Eisenbahn in Deutschland auf der anderen Seite fahren sollen. Wenn wir eine gemeinnützige Infrastrukturgesellschaft gründen, ob die nun InfraGo oder sonstwie heißt, dann muss die nicht unter dem Dach eines Mischkonzerns wie der DB AG stehen.

Im Gegenteil, ein solches Konzept unter dem Konzerndach kann nur ein Hilfskonstrukt sein, weil man den integrierten Konzern um jeden Preis erhalten will. Auf der anderen Seite muss man sich fragen, welchen Eisenbahnverkehr der Bund betreiben muss. Sicherlich ist der Bund für den SPFV verantwortlich und Artikel 87e des Grundgesetzes verpflichtet ihn sogar, ein das nähere regelnde Gesetz zu erlassen. Zweimal hat der Bundesrat solche Gesetze verabschiedet, zweimal sind sie nie im Bundestag debattiert worden.

Hier wäre ein Bundesunternehmen durchaus das geeignete Instrument, um den Fernverkehr durchzuführen, wenn man ihn nicht extern ausschreiben möchte. Im Regionalverkehr gibt es inzwischen eine ausreichende Wettbewerberstruktur, hier muss es keinen Marktakteur geben, der im Bundeseigentum steht. Ein (Teil-)Verkauf von DB Regio an einen oder mehrere Investoren könnten angebracht sein. Dort wo die Länder den SPNV in Eigenregie betreiben möchten, können sie das mit einer Landesbahn heute schon tun. Das eine oder andere Bundesland würde vielleicht sogar regionale Einheiten von DB Regio direkt übernehmen wollen, sodass man den Bund hier nicht braucht.

Erst recht aber ist es nicht Sache des Bundes, Güter zu speditieren – weder auf der Straße, noch auf der Schiene. Das gesamte Güter- und Logistikgeschäft kann man daher getrost abgeben und der Bund konzentriert sich auf die Infrastruktur und den SPFV. Beides ist ohne Gewinnerzielungsabsicht durchzuführen. Man jetzt die Konzernstruktur aufbrechen, auch dann wenn dieser seine Lobbyisten in die Politik ausschwärmen lässt.

Siehe auch: DB AG legt Jahresbericht 2022 vor
Foto: Deutsche Bahn AG / Volker Emersleben

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