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Der Konzern verdient immer

24.04.23 (Kommentar) Autor:Stefan Hennigfeld

Als vor über zehn Jahren im Verkehrsverbund Rhein-Ruhr der Verkehr auf der Müngstener Brücke ausgeschrieben worden ist, war der potentielle Schienenersatzverkehr ein unkalkulierbares Risiko. Unter normalen Umständen muss der Busverkehr vom Eisenbahnunternehmen organisiert und finanziert werden. Allerdings: Der baufällige Zustand der bis heute höchsten Eisenbahnbrücke Deutschlands war ein allgegenwärtiges Thema und die mehrjährige Dauersperrung war absehbar.

Damals schon haben die Verantwortlichen von DB Netz den Aufgabenträger VRR über Jahre hinweg dreist belügen können, was den Zustand dieser Anlage betrifft. Während DB Regio und die Vorfeldorganisationen des Konzerns das zum Anlass nahmen, Direktvergaben zu fordern, weil man es ja ohnehin nicht würde ausschreiben können, hat der VRR anders reagiert: Er hat die Kosten für Busersatzverkehre aus der Kalkulation ausgeklammert und diese selbst übernommen.

Damals war das aufgrund der maroden Müngstener Brücke noch ein Ausnahmefall, inzwischen ist es die Regel. Die Baustellenaktivität hat sich innerhalb weniger Jahre vervielfacht und Busverkehre mussten immer häufiger eingesetzt werden. Vergessen wir nicht, dass auch DB Netz durch fehlende Fahrdienstleiter immer wieder Streckensperrungen verursacht, die nicht durch Baustellen, sondern durch eine falsche Personalplanung verursacht worden sind. Jetzt haben wir ein Jahrzehnt der Baustellen und müssen damit rechnen, dass wir dauerhafte Busverkehre haben werden.

Da ist der Ansatz erstmal gar nicht verkehrt, dass DB Netz als Infrastrukturbetreiber hier zentral für alle Marktakteure tätig wird. Es zeigt aber auch die multiplen Steuerungskonzepte, die der integrierte Konzern zu seinen eigenen Gunsten hat – Eisenbahnregulierung hin oder her. Hier stellt sich auch sofort eine andere Frage: Welchen Anreiz hat der Konzern denn, Baustellen in welche Richtung zu managen? Wenn jetzt ein konzerneigenes Busunternehmen SEV GmbH von einer verlängerten Bauzeit profitiert, hat DB Netz dann überhaupt einen Anreiz, möglichst schnell fertigzubauen?

Letzten Donnerstag hatten wir hier das Thema Bau- und Rohstoffmangel: Niemand weiß, ob und wie DB Netz auf mögliche Lieferengpässe in diesem Bereich vorbereitet ist. Profitiert der Konzern vielleicht auch dann, wenn so eine Baustelle wegen fehlendem Nachschub brachliegt, weil das konzerneigene Busunternehmen dann weiterhin die Busse fährt? Gedanken in diese Richtung kommen zwangsläufig, auch wenn der eine oder andere es nicht wird hören wollen.

Dazu kommt die Frage, wie es denn mit der Qualitätskontrolle bei SEV-Bussen aussieht? Was passiert, wenn diese aus was für Gründen auch immer ausfallen, verschmutzt sind oder stark verspätet? Wer ist für Schlechtleistungen in diesem Bereich zuständig? Muss im Nahverkehr auch der Aufgabenträger die Qualität im Blick haben? Das zuständige EVU? Oder gibt es, wie im kommunalen Stadtbusverkehr oft üblich, niemanden der sich für zuständig hält? Das wäre das schlechteste Szenario.

Siehe auch: Mofair und BDO fordern faire SEV-Vergaben
Foto: eagle77

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