Instrumente für eine starke Schiene bereitstellen
06.03.23 (Kommentar) Autor:Stefan Hennigfeld
Als der VRR vor inzwischen 15 Jahren das erste mal angefangen hat, Qualitätsberichte sowohl für die Stationen als auch für die Züge zu erstellen, war er bundesweiter Vorreiter. Die Reaktionen damals, insbesondere aus dem DB-Konzern und deren Vorfeldorganisationen, waren erwartbar: Das sei alles Polemik, man könne so etwas nicht seriös bewerten, geschweige denn vergleichen und je nach sozialem Umfeld der Stationen könne man ohnehin keine pauschal definierten Qualitätsstandards erwarten.
Doch, man kann und gerade heute sehen wir, dass derartige Qualitätskontrollen überall in Deutschland vorhanden sind. Natürlich gibt es nach wie vor einzelne Aufgabenträger, die sich lieber einen schönen Tag machen, aber das ist nicht die Regel. Die allermeisten haben inzwischen großes Interesse an der Qualität der Bahnhöfe und Züge und das ist auch gut so. Man muss aber auch auf der politischen Ebene weitergehen: Wenn an einem Bahnhof über Wochen und Monate die Rolltreppe kaputt ist, wenn die Aufzüge nicht funktionieren oder die Beleuchtung einfach nicht repariert wird, dann müssen die Stationsentgelte entsprechend gekürzt werden.
In einem hohen Eskalationsstatus muss der Aufgabenträger auch in der Situation sein, dass er eine Ersatzvornahme auf Kosten des zuständigen Eisenbahninfrastrukturunternehmens vornehmen lassen kann. Hier ist die Bundespolitik gefragt, dass man das Eisenbahnregulierungsgesetz entsprechend novelliert. Aber auch die Landesregierungen könnten ein solches Thema sehr wohl über den Bundesrat auf die bundespolitische Ebene bringen – insbesondere solche, die in Sonntagsreden immer gerne von einer guten Schiene sprechen.
Klar, wenn man bei einschlägigen Branchenakteuren nachfragt, wird man als Antwort immer bekommen, dass es für Schlechtleistungen im Infrastrukturbereich nur eine einzige Ursache geben kann: Untersubventionierung. Wenn die Rolltreppe an der S-Bahnstation seit einem halben Jahr kaputt ist, dann müssen Bund und Länder halt mehr Geld für die Schiene geben. Eine Garantie gibt es davon natürlich noch lange nicht, aber wenn genug Geld abstrakt oben reingeschüttet wird, wird am Ende auch eine konkret reparierte Rolltreppe herauskommen.
Das ist eine vulgäre und unreflektierte Anwendung der Pferdeäpfeltheorie, die die Realität nicht oder kaum abbildet. Denn natürlich ist eine auskömmliche Finanzierung eine notwendige Voraussetzung, aber allein das reicht nicht. Es muss klare Qualitätsvorgaben geben, die dann Folgen haben. Das gilt für die Stationen ebenso wie für Langsamfahrstellen oder für Bahnübergänge, die seit Jahren störanfällig sind und die fast schon verlässlich für Probleme sorgen.
Die Aufgabenträger haben ihren Teil der Notwendigkeit schon lange erfüllt: Sie erkennen die Probleme. Sie können bei der DB AG bitten, dass sich was tut. Eine andere Handhabe gibt es derzeit aber leider nicht. Hier ist jetzt die Politik gefragt, neben der ausreichend Finanzierung weitere Steuerungsinstrumente zur Qualitätssicherung bereitzustellen. Auch das ist eine starke Schiene.
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FOto: Deutsche Bahn AG / Axel Hartmann Fotografie