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Gute Modelle übernehmen und ausbauen

02.03.23 (Kommentar) Autor:Stefan Hennigfeld

Das erfolgreiche Beispiel aus Nordrhein-Westfalen macht Schule und wird in anderen Bundesländern nahezu 1:1 übernommen. Gut so kann ich da nur sagen, denn auch in Sachsen, Thüringen und Sachsen-Anhalt steht die Eisenbahnbranche gemeinsam im Wettbewerb um gute Arbeitnehmer mit anderen Branchen. Ob das nun Opel in Eisenach ist, die zahlreichen mittelständischen Maschinenbaubetriebe in Magdeburg oder das sächsische Chemiedreieck.

Da nutzt es wenig, wenn man sich als Eisenbahnbranche gegenseitig die Steine in den Weg legt und am Ende dafür sorgt, dass die Lokomotivführer abwandern oder gar nicht erst kommen. Als im Dezember 2011 die Prignitzer Eisenbahn die letzten Linien in Nordrhein-Westfalen aufgegeben hat, da hat es in der Nähe der Bahnhöfe, in denen das Unternehmen gefahren ist, gezielte Werbung gegeben, die sich an Lokomotivführer gerichtet hat, die sich nun beruflich umorientieren wollen.

Schon damals waren Eisenbahner auch in anderen Branchen gefragt und umso wichtiger ist es, möglichst jeden bei der Stange oder in dem Fall bei der Schiene zu halten. Idealerweise holt man auch DB Fernverkehr und möglichst viele Güterverkehrsbetreiber mit ins Boot, denn auch die brauchen ausgebildetes Personal und auch die sind betroffen, wenn Mitarbeiter nach einigen Jahren den Arbeitgeber wechseln oder aber wenn sie Bewerbungen kriegen von jemandem, dessen Ausbildung auf Kosten eines anderen Arbeitgebers gerade mal ein oder zwei Jahre zurückliegt.

Auch hier ist es recht und billig, einen Lastenausgleich zu schaffen. Man muss aber auch an ein anderes Thema ran: Die Personalakquise ist das eine, die Leute müssen jedoch auch langfristig bleiben. Man spricht in Deutschland nicht so gerne über das Thema Fluktuation, aber es ist da. Die Leute verlassen die Eisenbahn auch wieder, denn gerade in der jetzigen Zeit werden motivierte und gut ausgebildete Arbeitnehmer überall gesucht.

In Österreich hat man eine Schnellfluktuation von rund zwanzig Prozent: Einer von fünf neu ausgebildeten Eisenbahnern verlässt die Branche innerhalb der ersten 24 Monate. Das ist ein Wert, den man senken muss. Gerade weil wir ja politische Ziele haben, die wir erreichen wollen: Starke Schiene und Verdoppelung der Fahrgastzahlen. Nun ist gerade letzteres ein politisches Narrativ, das mit der Realität rund um die Schiene nichts weiter zu tun hat.

Aber natürlich braucht man nicht nur Personal, um diejenigen zu ersetzen, die aus demographischen Gründen ausscheiden, sondern man braucht mehr Planstellen, um zusätzliche Leistungen anbieten zu können. Dass man zusätzliche Züge in den Fahrplan schreiben, aber mangels Personal nicht ernsthaft anbieten kann, kann uns auf Dauer nicht gut genug sein.

Wenn mal kein Lokomotivführer für den Zug und mal kein Fahrdienstleiter für das Stellwerk da ist, dann haben wir eine Dimension der Mangelwirtschaft erreicht, die einfach nicht akzeptabel ist. Erst recht, wenn man parallel dazu ein absurdes Wolkenkuckucksheim von einer tollen Zukunfts-Eisenbahn malt.

Siehe auch: Enge Zusammenarbeit in Mitteldeutschland
Foto: Abellio GmbH

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