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Enge Zusammenarbeit in Mitteldeutschland

02.03.23 (Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen) Autor:Stefan Hennigfeld

Der demographische Wandel macht auch vor den Eisenbahnverkehrsunternehmen in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen nicht halt. Laut Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) müssen bis 2030 deutschlandweit rund 74.000 altersbedingt freiwerdende Stellen im ÖPNV wiederbesetzt werden. Schon jetzt fehlen deutschlandweit etwa 1.500 Lokomotivführer. Gleichzeitig bedarf es für das Gelingen der Verkehrswende und Erreichen der Klimaziele eines Ausbaus des Mobilitätsangebotes und damit einhergehend auch mehr qualifiziertes Personal.

In einer Branchenumfrage des VDV prognostizieren fast achtzig Prozent der Unternehmen einen höheren Personalbedarf im Fahrdienst bis 2030. Die Verkehrsunternehmen stellen sich dieser Verantwortung und verbessern die Rahmenbedingungen für mehr betriebliche Ausbildung und Qualifizierung. Das offizielle Ziel lautet nach wie vor, dass man die Fahrgastzahlen deutschlandweit bis 2030 verdoppeln will – auch wenn die Randwerte dieser Verdoppelung unbekannt sind: Im Vergleich zu welchem Ausgangspunkt und auch ob man über Fahrtgastfahrten oder Personenkilometer spricht, lässt die Branche offen.

Fest steht aber: In jedem Fall ist der Personalbedarf unternehmensübergreifend hoch. Entsprechend agierend die Unternehmen zusammen. In einer gemeinsamen Vereinbarung verpflichten sich die neun regional tätigen Bahnunternehmen DB Regio, Mitteldeutsche Regiobahn (Transdev), Die Länderbahn, CityBahn Chemnitz, DB Regio-Netz Infrastruktur/Verkehrs GmbH, Erfurter Bahn/Süd-Thüringenbahn sowie Abellio Rail Mitteldeutschland dazu, sich bei einem Wechsel einer ausgebildeten Lokführerin bzw. eines ausgebildeten Lokführers zu einem anderen Bahnunternehmen gegenseitig die Ausbildungskosten zu erstatten. Eine solche Regelung gibt es bereits seit einigen Jahren in Nordrhein-Westfalen und dort gelingt die Zusammenarbeit zwischen den Eisenbahnverkehrsunternehmen sehr gut.

„Damit werden die Anreize erhöht, noch stärker in die eigene betriebliche Erstausbildung sowie die Qualifizierung von Quereinsteigerinnen und Quereinsteigern zu investieren“, erläutert Ines Fröhlich (SPD), Verkehrsstaatssekretärin im Staatsministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr in Sachsen. „Die nun getroffene Vereinbarung kommt unter maßgeblicher Beteiligung der zuständigen Aufgabenträger der drei Länder zu Stande und ist ein starkes Signal, dass wir gemeinsam die Anstrengungen der Ausbildung neuer Fachkräfte auch in dieser Branche forcieren. Darüber hinaus nimmt diese Verständigung das ebenso wichtige Thema Fachkräftesicherung in den Blick.“

Die beteiligten Unternehmen erbringen den Großteil des Schienenpersonennahverkehrs in den Bundesländern Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen. „Die Vereinbarung soll dazu beitragen, dem steigenden Bedarf an Lokführerinnen und Lokführern besser gerecht zu werden“, erläutert Jan Kleinwechter, Geschäftsführer der Mitteldeutschen Regiobahn. „Zum einen müssen wir altersbedingt ausscheidende Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ersetzen, zum anderen werden in Zukunft mehr Triebfahrzeugführerinnen und Triebfahrzeugführer benötigt, denn zur dringend notwendigen Mobilitätswende gehört untrennbar der Ausbau des klimafreundlichen Regionalverkehrs.“

Burkhard Ehlen, Geschäftsführer des Zweckverbandes Verkehrsverbund Oberelbe, bei dem zukünftig das Clearing zwischen den Bahngesellschaften erfolgt, ergänzt: „Bereits heute schreiben die Verbünde und Aufgabenträger im Rahmen von Ausschreibungen Eckpunkte zur Ausbildung in den Verkehrsverträgen vor.“

Die Branche ist sich jedoch einig: Das allein wird nicht reichen. Obwohl sich in den vergangenen Jahren die Arbeitsbedingungen für die Fahrpersonale weiter verbessert und die Tariflöhne für die Lokführerinnen und Lokführer und viele weitere Berufsgruppen zum Teil deutlich erhöht haben, braucht es weitere gemeinsame Anstrengungen um die Menschen langfristig an die Eisenbahn zu binden. Zumal die Zahl der Bahnmitarbeiterinnen und Bahnmitarbeiter, die nach der friedlichen Revolution die Region verließen und heute gern zurückkehren, abnimmt.“

Die Unternehmen müssen deshalb noch stärker Menschen gewinnen, die hier regional verankert sind. Unbekannt bleibt derweil, wie hoch die Quote der Schnellaussteiger ist. In Österreich verlassen rund zwanzig Prozent der Quereinsteiger die Eisenbahn in den ersten beiden Jahren. Niemand weiß, ob die Zahlen in Deutschland besser oder schlechter aussehen.

Siehe auch: Gute Modelle übernehmen und ausbauen

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