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Entschädigungsregelungen und das Deutschlandticket

16.02.23 (Kommentar) Autor:Stefan Hennigfeld

Mit dem Deutschlandticket werden Berufspendler ab Mai massiv entlastet. Wer über eine längere Strecke zur Arbeit fahren muss, der zahlt heute nicht selten deutlich im dreistelligen Bereich pro Monat und kann demnächst für 49 Euro fahren. Wir alle wissen, was für eine Bruttolohnsteigerung notwendig wäre, damit jemand netto 200 Euro mehr in der Tasche hat.

Es ist also eine erhebliche Entlastung der arbeitenden Bevölkerung – also der Leute, die nicht nur teure Monatstickets bezahlen, sondern mit direkten und indirekten Steuern auch ihren Teil zur öffentlichen Kofinanzierung der Eisenbahn beitragen. Aber: Was ist denn, wenn sich die Eisenbahnkrise in Deutschland manifestiert und Probleme durch Personalmangel im Zug oder in den Stellwerken weiter zur Regel werden.

Wie können Entschädigungen aussehen, wenn die Fahrscheine nur noch stark verbilligt zu haben sind? Gibt es dann überhaupt noch Leistungsdruck, um zahlende Kunden zu halten, wobei hier mit den Kunden die Fahrgäste gemeint sind. In der Eisenbahnbranche spricht man üblicherweise von den Aufgabenträger als Kunden. Die Verkehrsunternehmen sind Kunden der Infrastrukturunternehmen oder Kunden der Hersteller.

Am Ende eines reinen Business-to-Business-Bereichs steht der Endkunde üblicherweise als Nutzer da. Diese Sprachregelung, die sich schon lange eingebürgert hat, ist so einfach wie verräterisch. Sie zeigt, dass man es bereits heute mit einer Branche zu tun hat, in der man gut und gerne von öffentlichen Geldern lebt, in der der Nutzer sicher auch eine Finanzierungssäule darstellt, aber Kunden und Stakeholder sind die Firmen untereinander.

Wenn aber die Finanzierungssäule Nutzer weitgehend wegbricht und durch Kompensationszahlungen der öffentlichen Hand ersetzt wird, wie wird man dann erst dem Endkunden gegenüber auftreten können? Sei doch froh, dass Du so billig fahren kannst. Für die paar Mark fünfzig müsstest Du eigentlich auf dem Puffer sitzen. Stark subventionierte Fahrscheine haben wollen, aber dann noch Ansprüche stellen. Wer so billig fährt, der muss damit rechnen, dass auch mal kurzfristig der Fahrplan ausgedünnt wird.

Entschädigungsleistungen, wie es sie jetzt bei Erixx gibt oder wie es sie schon vor einigen Jahren rund um die Berliner S-Bahnkrise gab, kann man dann wohl kaum noch durchführen. Wenn die Monatskarte sowieso bundesweit gilt, was nutzt mir eine Ausweitung des Geltungsbereiches für den Sonntagsausflug? Wer mehrfach von Zugausfällen betroffen war und zwanzig Prozent zurück kriegt, hat dann eine Gutschrift von 9,50 Euro.

Deshalb sind jetzt nicht nur die Branchenakteure, sondern auch die Politik gefragt, trotz des stark verbilligten Deutschlandtickets dafür zu sorgen, dass es verlässliche Qualitätsstandards gibt und dass auch entsprechender Druck auf die Unternehmen ausgeübt wird, die für Schlechtleistungen verantwortlich sind: Im Infrastruktur- wie im Verkehrsbereich. Damit wir nicht nur eine billige, sondern vor allem, auch eine qualitativ hochwertige Eisenbahn in Deutschland haben.

Siehe auch: Erixx Holstein bietet Sonderentschädigungen an
Foto: Kookay

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