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Die Voraussetzungen für die Zukunft schaffen

09.02.23 (Kommentar) Autor:Stefan Hennigfeld

Als man in München in den 1960er Jahren in wenigen Jahren die Olympischen Sommerspiele 1972 vorbereiten musste, da hat man beim Bau neuer Schienenverbindungen geklotzt und nicht gekleckert. Zurecht, denn mit den Olympischen Spielen und der Fußball-Weltmeisterschaft 1974 hatte man gleich zwei Großereignisse vor der Brust, in der die Welt auf die bajuwarische Landeshauptstadt geblickt hat.

Jetzt haben wir zwar im nächsten Jahr auch wieder eine Fußball-Europameisterschaft in Deutschland, doch hierfür wird man wohl kaum noch die Zeit haben, U- und S-Bahnausbauten zu tätigen. Ob die Olympischen Spiele oder eine Fußball-Weltmeisterschaft jemals wieder nach Deutschland kommen sei dahingestellt und ist angesichts der Zustände bei den Weltsportverbänden politisch wohl dauerhaft nicht mehrheitsfähig. Dennoch müssen wir unsere im letzten Jahrhundert geplante Verkehrsinfrastruktur auf den neuesten Stand bringen.

Dazu gehört auch, dass wir Universitäten und ihre Außenstellen vernünftig an die Schiene anbinden. Es reicht eben nicht, wenn man den Studenten vom Hauptbahnhof zum Nebencampus irgendwelche Buslinien anbietet. München wächst stärker als Deutschland insgesamt und braucht daher auch im gesamten Stadtgebiet vernünftige Ausbauten öffentlicher Verkehrsmittel. Im vergangenen Jahrzehnt gab es mit der Angebotsoffensive 2010-2020 verlässlich zweimal im Jahr Leistungsausweitungen. Diese muss man auch weiterhin stemmen, auch wenn es zunehmend schwierig wird.

Gerade in München ist es besonders problematisch, Personal zu finden, weil die Lebenshaltungskosten, insbesondere die Wohnkosten sehr schnell ins unermessliche steigen. München war immer schon ein teures Pflaster, aber inzwischen ist das Leben dort für einen Normalverdiener nahezu unfinanzierbar geworden. Entsprechend müssen die Verkehrsunternehmen sich aufstellen: Sei es, dass man in Personalwohnungen investiert oder sei es, dass man sich auf Löhne einigt, die oberhalb des branchenüblichen Niveaus liegen, um gute Bewerber anzulocken.

Bayern und Baden-Württemberg sind in einer Situation – und das geht weit über einen einzelnen U-Bahnausbau rund um München hinaus – dass es attraktiver ist, in anderen Teilen der Bundesrepublik zu arbeiten, weil die faktischen Reallöhne dort aufgrund geringerer Lebenshaltungskosten niedriger sind. Dazu kommen mit BMW, Daimler-Benz, Bosch, verschiedenen Versicherungs- und Bankkonzernen auch Konkurrenten um gute Mitarbeiter.

Entsprechend muss die ÖPNV- und SPNV-Branche sich in Süddeutschland aufstellen, weil sie dem doppelten Wettbewerb um Mitarbeiter ausgesetzt ist: Zum einen hat man dort sehr viel Industriestruktur, zum anderen muss man Abwanderungen in weniger kostspielige Bundesländer befürchten. Die Lösung ist, dass man entsprechend höhere Löhne bezahlen muss, damit die Quereinsteiger nicht zu Queraussteigern werden und man dauerhaft das Personal hat, Leistungsausweitungen auch ernsthaft umzusetzen.

Siehe auch: MVV: Spatenstich zum U6-Ausbau
Foto: Bayerisches Staatsministerium für Wohnen, Bau und Verkehr

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