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Verkehrswende mit Leben füllen

15.12.22 (Kommentar) Autor:Stefan Hennigfeld

Manch einer hält den vielzitierten „Stundentakt in jedes Dorf“ für Träumerei. Tatsächlich aber kann man sehr wohl auch den Busverkehr auf dem Land vernünftig an den SPNV anschließen. Wer beispielsweise in Füssen mit der Bayrischen Regiobahn ankommt, der hat dort am Bahnhof eine ganze Reihe an Linienbussen, die z.B. nach Schwangau, Hopfen am See, Steingaden oder Nesselwang fahren.

Wichtig ist aber, dass man am Bahnhof auch auf dem Land nicht ellenlang warten muss, sondern dass die Busse den Bahnhof verlassen kurz nachdem der Zug aus Richtung Augsburg dort ankommt und dass die Busse dort ankommen kurz bevor der Zug Richtung Augsburg abfährt. Man braucht verlässliche Anschlüsse, die vernünftig funktionieren und dafür sorgen, dass auch dort öffentliche Verkehrsmittel funktionieren – selbst wenn man davon ausgeht, dass es sich hierbei um Bürger handelt, die aus was auch immer für einem Grund kein eigenes Auto zur Verfügung haben.

Auf der anderen Seite wird man Großstädten wie München oder Nürnberg wohl durch das Deutschlandticket mit einem massiven Fahrgastaufwuchs zu rechnen haben. Manch einer, der jetzt noch mit dem Auto zumindest mal auf Münchener oder Nürnberger Stadtgebiet fährt und von dort aus mit der S- oder U-Bahn weiter, wird in Zukunft durch die stark verbilligten Fahrscheine wohl gleich eine deutlich längere Strecke zurücklegen.

Gerade der Zulauf auf die großen Städte wird sich massiv von der Straße auf die Schiene verlagern und im Interesse einer Verkehrswende ist das ja auch politisch gewollt. Entsprechend muss man sich vorbereiten. In München gab es im letzten Jahrzehnt eine Angebotsoffensive 2010-2020, in der es verlässlich zu jedem Fahrplanwechsel Leistungsausweitungen gegeben hat: Sei es durch zusätzliche Busfahrten, sei es durch längere Betriebszeiten oder ähnliches, aber man konnte sich auf Verbesserungen verlassen.

Diesen Weg muss man eigentlich weitergehen. Aber die Eisenbahnkrise in Deutschland trifft natürlich auch den Freistaat Bayern hart. Auch hier fehlende Mitarbeiter im Fahrdienst bei den Busbetrieben ebenso wie bei der Eisenbahn. Es fehlt an Fahrdienstleitern und gerade wenn man sich ansieht, dass es oftmals noch vollmechanische Stellwerke aus dem 19. Jahrhundert gibt, ist die flächendeckende Digitalisierung wohl ein Gebot der Stunde.

Auch so kann man die Personalnot abmildern, wenn man eine Strecke mit mehreren mechanischen Stellwerken an den Bahnhöfen an ein zentrales elektronisches oder digitales Stellwerk anschließt. Dazu kommt eine umfassende Personalakquise, in der man auch darüber sprechen muss, ob es sinnvoll sein kann, mit einem landesweiten Flächentarifverträge Leute aus anderen Bundesländern abzuwerben.

Föderalismus heißt auch, dass die Länder im Wettbewerb zueinander stehen und gerade dort, wo die Lebenshaltungskosten höher sind kann man sich mit höheren Löhnen attraktiv machen. Hier ist gerade die Eisenbahnbranche gefordert, so etwas umzusetzen. Damit die starke Schiene im Freistaat dauerhaft stark wird.

Siehe auch: München: Neue ÖPNV-Strategie vorgestellt
Foto: wolf23362

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