Erstmal verschoben
07.11.22 (Kommentar) Autor:Stefan Hennigfeld
Bei aller Euphorie, fassen wir zusammen: Bereits in den Sommermonaten hieß es, dass ein Nachfolgemodell für das Neun-Euro-Ticket am 1. September starten könnte. Gescheitert ist es an der Verweigerungshaltung der Länder. Symbolisch dafür steht der bayrische Verkehrsminister Christian Bernreiter (CSU), der über den Bayrischen Rundfunk ausrichten ließ, dass wenn der Bund sowas haben wolle, müsse der Bund es bezahlen, die Länder hätten da nichts mit zu tun.
Nach einigen Verhandlungen und Diskussionen hieß es dann: Wir machen ein 49-Euro-Ticket ab dem neuen Jahr. Nach einer weiteren Verhandlungsrunde nun erneut der Rückzieher: Ja, es kommt, hoffentlich, aber nicht zum 1. Januar, sondern irgendwann im Laufe des Jahres, so schnell wie möglich. An der kurzen Vorlaufzeit kann es wohl kaum liegen: Ende März kamen die Ampelparteien aus dem Koalitionsausschuss und haben das Neun-Euro-Ticket vorgestellt, ohne mit irgendwem Rücksprache gehalten zu haben. Dennoch ging es am 1. Juni an den Start.
Seitdem wird über ein Folgemodell diskutiert und der VDV hat relativ schnell die Idee eines 49 Euro kostenden landesweiten und 69 Euro kostenden bundesweiten Tickets auf auf den Tisch gelegt. Jetzt heißt es für viele Pendler, Normal- und insbesondere Geringverdiener weiter warten. Obwohl die Lebenshaltungskosten explodieren schlagen die Preise für die Monatskarte massiv in die Haushaltskasse, ab dem 1. Januar zunächst nochmal deutlich stärker. Alles in der Hoffnung, dass man irgendwann dann das 49-Euro-Ticket hat.
Ich will hier gar nicht darüber lamentieren, dass in der Vergangenheit immer wieder Verbesserungen und Leistungsausweitungen daran gescheitert sind, dass viele Landesregierungen zwar alles mögliche versprechen, aber selbst wenn sie gigantische Schuldenhaushalte aufstellen, bei der Eisenbahn den harten Sparkommissar spielen. Gerade Nordrhein-Westfalen hatte solche Situationen in der Vergangenheit selbst dann, wenn das Landesverfassungsgericht den Schuldenhaushalte einkassiert hat. Für die Eisenbahn gab es nichts.
Und dann ist auch die Frage nach der Langfristigkeit des Angebots zu stellen: Aktuell soll der Preis von 49 Euro bis Ende 2024 festgeschrieben werden. Und dann? Sind wir 2025 bei 63 Euro und noch vor dem Jahr 2030 bei über hundert Euro? Auch hier muss man wirksam gegensteuern, sondern Berufspendler dauerhaft entlasten. Zeit genug war seit dem Frühsommer definitiv. Dabei ist es nicht verwunderlich, dass einige nochmal einen Preisabschlag fordern, etwa ein 29-Euro-Ticket mit landesweiter Gültigkeit.
Aber vergessen wir nicht: Die 49 Euro sind schon der geringere Preise des ursprünglichen Vorschlags. Das muss man jetzt einfach so durchziehen, denn alle oder fast alle werden erheblich entlastet. Man kann so eine historische Chance nämlich auch zerreden. Allein dass man nach dem Einführungstermin zum 1. September nun auch den 1. Januar verpasst, ist mehr als bedauerlich. Jetzt ist es an der Zeit zu liefern – und zwar kurzfristig, aber dauerhaft.
Siehe auch: 49-Euro-Ticket: Grundsätzliche Einigung
Foto: Deutsche Bahn AG / Max Lautenschläger