Debatte zum Ausbau der Franken-Sachsen-Magistrale
21.11.22 (Bayern, Fernverkehr, Güterverkehr, Sachsen, Verkehrspolitik) Autor:Stefan Hennigfeld
Das Unverständnis und die Verwunderung in Bayern und Sachsen zum Stopp des Bundesverkehrsministeriums für den Ausbau der Franken-Sachsen-Magistrale nimmt weiter Fahrt auf. „Die Franken-Sachsen-Magistrale ist viel zu wichtig, als dass wir uns den plumpen Versuch der Bundesregierung gefallen lassen, das Projekt im Regen stehen zu lassen. Es ist völlig hanebüchen, nun mit einer zu geringen Wirtschaftlichkeit zu argumentieren“, so Bayerns Verkehrsminister Christian Bernreiter (CSU). „Der Stopp des Projekts macht die jahrzehntelangen Bemühungen um eine bessere und direkte Verbindung von Nürnberg nach Sachsen und Tschechien zunichte und ist eine abrupte Vollbremsung auf halbem Weg – vom negativen Klimaeffekt ganz zu schweigen!“
In einer gemeinsamen Resolution fordern nun Mandatsträger aus Nordostbayern und Sachsen zusammen mit den Freistaaten Bayern und Sachsen den Bund deswegen auf, das Projekt zügig voranzutreiben. Der Ausbau der Bahnstrecke von Nürnberg über Marktredwitz bis Hof bzw. Schirnding an der deutsch-tschechischen Grenze soll die Elektrifizierungslücke zwischen Nürnberg und Leipzig bzw. Dresden und weiter nach Prag schließen und einen durchgängigen Fernverkehr ermöglichen. Verantwortlich für dieses überregionale Infrastrukturprojekt ist gemäß Grundgesetz der Bund. Doch der versucht nun, sich aus der Verantwortung zu ziehen.
„Dauernd redet die Bundesregierung davon, mehr für die Verkehrswende und den Klimaschutz zu machen und die Planungen bei Infrastrukturprojekten deutlich beschleunigen zu wollen“, so Minister Bernreiter. „Bei der Franken-Sachsen-Magistrale ist jetzt monatelang aber gar nichts vorangegangen. Nun teilt der Bund auf einmal auch noch mit, dass die Planungen wegen zu geringer Wirtschaftlichkeit nicht fortgeführt werden sollen. Ich bin mit meinem Kollegen in Sachsen und den Mandatsträgern aus der Region einer Meinung: Das werden wir der Bundesregierung nicht durchgehen lassen!“
„Die Elektrifizierung der Franken-Sachsen-Magistrale ist für alle Regionen entlang der Strecke von zentraler Bedeutung“, so Hofs Landrat Oliver Bär (CSU) und Kulmbachs Landrat Klaus Peter Söllner (Freie Wähler) einmütig. „Dies gilt für die Bürgerinnen und Bürger, die schon sehr lange auf eine Verbesserung der Bahnverbindungen warten. Dies gilt aber auch für unsere Wirtschaft. In Zeiten der Nachhaltigkeit können wir uns die größte Dieselinsel Deutschlands nicht weiter leisten.“
Der Verkehrsminister des Freistaats Sachsen, Martin Dulig (SPD), ergänzt: „Ich gehe stark davon aus, dass hier noch nicht das letzte Wort gesprochen ist und erwarte vom Bund, dass er sich mit uns dazu an einen Tisch setzt. Ein Nein zum geplanten Ausbau wird Sachsen daher nicht akzeptieren. Strategisches Ziel ist, auf den einstigen Fernverkehrsstrecken München – Regensburg/Nürnberg – Hof – Leipzig/Dresden und darüber hinaus mittelfristig wieder hochqualitative Leistungen im Eisenbahnfernverkehr zu ermöglichen. Grundvoraussetzung hierfür ist die vollständige Elektrifizierung der zugehörigen Streckenabschnitte.“
Beide Freistaaten hatten auf der Teilstrecke Reichenbach – Hof die Initiative ergriffen und unter finanzieller Beteiligung beider Länder die Elektrifizierung dieses Abschnittes angeschoben, welcher Ende 2013 in Betrieb genommen wurde. Die Maßnahme kann erst dann ihre volle verkehrliche und wirtschaftliche Wirksamkeit entfalten, wenn die verbleibende Elektrifizierungslücke geschlossen ist.
Die durchgehende Elektrifizierung bildet zudem das Rückgrat für weitergehende internationale Direktverbindungen von den bayerischen Großstädten über Nordostbayern und Südwestsachsen, Dresden und Ostsachsen bis nach Breslau oder Krakau und sogar in die Ukraine. Bei der Verankerung im vordringlichen Bedarf des aktuellen Bundesverkehrswegeplans (BVWP 2030) hat der Bund für das Projekt insgesamt 1,2 Milliarden Euro veranschlagt und ein Nutzen-Kosten-Verhältnis mit 1,3 berechnet. Nun soll dieses Verhältnis auf einmal nur noch bei 0,6 und damit unter dem nötigen Mindestwert von 1,0 liegen.
Minister Bernreiter: „Der Ausbau ist aus gutem Grund von Bundestag und Bundesrat als Bedarfsplanprojekt beschlossen worden. Zudem ist es auch im Deutschlandtakt, für den der Bund erst kürzlich bei seiner Regionalkonferenz Südost in Nürnberg getrommelt hat, als sogenannte unmittelbare Maßnahme verortet. Nicht zuletzt gehört die Strecke zum Kernnetz der EU, das bei der Schiene in seiner Gesamtheit elektrifiziert sein soll.“
Siehe auch: Die Einheit auch auf der Schiene vollenden