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VRS schlägt Nutznießerfinanzierung vor

13.10.22 (go.Rheinland, Verkehrspolitik) Autor:Stefan Hennigfeld

Vor dem Hintergrund steigender Kosten öffentlicher Verkehrsmittel und geplanter Leistungsausweitungen in den kommenden Jahren hat man sich beim Verkehrsverbund Rhein-Sieg (VRS) mit weitergehenden Finanzierungsmodellen befasst. Neben der Nutzerfinanzierung ist nun auch die Rede von Nutznießerfinanzierung: Also z.B. durch Autofahrer, die ebenfalls entlastet werden, wenn möglichst viele andere Pendler mit öffentlichen Verkehrsmitteln fahren und somit Platz auf der Straße schaffen.

Der Plan im VRS ist, dass man das Leistungsvolumen verbundweit bis zum Jahr 2030 um sechzig Prozent erhöhen möchte. Bundesweite Zielvergabe ist darüber hinaus eine Verdoppelung des Fahrgastaufkommens bis 2030. An diesem Ziel halten Branchenakteure und Politik auch in der aktuellen Eisenbahnkrise in Deutschland fest. Der Verkehrsverbund Rhein-Sieg (VRS) hat die mobilité Unternehmensberatung mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragt, um zu klären, wie groß der Finanzbedarf für den Betrieb eines erweiterten ÖPNV-Angebotes im VRS-Gebiet ist.

Für ihr Gutachten sind die mobilité-Experten von verschiedenen Szenarien ausgegangen und haben für jedes separat den entsprechenden Finanzierungsbedarf ermittelt. Das zentrale Szenario bildet einen Ausbau um etwa sechzig Prozent analog der Ziele der Politik ab. Dabei sollte ein realisierbarerer Ausbau unterstellt werden, hierfür wurde ein Benchmark der Angebotsqualität (Taktdichte) in Relation zu den zehn Prozent der besten Städten und Kreisen Deutschlands aufgesetzt.

Ebenso wurden Kennzahlen aus Nachfrage, Angebots- und Finanzdaten im VRS verwendet. Zudem waren die Experten beauftragt, Möglichkeiten für alternative Finanzierungsmodelle aufzuzeigen, inklusive einer ersten Prognose zu möglichen Einnahmen. Ende September wurde nun das Ergebnis vorgestellt. So sind etwa verschiedene Varianten einer City-Maut oder City-Vignette denkbar. Das könnte pro Jahr rund vierzig Millionen Euro in die Kassen des ÖPNV spülen.

Auch eine striktere Parkraumbewirtschaftung wäre eine Option: Anwohnerparkausweise und Parkgebühren könnten nochmal rund zwanzig Millionen Euro einbringen. Dazu ist die Rede von einer ÖPNV-Grundabgabe: Jede volljährige Person im VRS-Gebiet müsste demnach zehn Euro pro Monat bezahlen – vergleichbar mit dem GEZ-Modell. Dies wäre unabhängig von der Frage, ob Busse und Bahnen auch genutzt würden. Das gäbe noch einmal rund 200 Millionen Euro.

Alternativ könnte auch ein Bürgerticket eingeführt werden, somit wären alle Bürger verpflichtet, für rund dreißig Euro im Monat eine Monatskarte zu bezahlen. Alternativ könnte man die Autosteuer auch um sechzig Euro erhöhen und diese direkt in die Kassen öffentlicher Verkehrsmittel fließen lassen. Das brächte rund 115 Millionen Euro ein. Auch eine Anhebung des Hebesatzes der Grundsteuer um zehn Prozent zugunsten des ÖPNV wird diskutiert. Das Gesamtfinanzierungspotenzial der aufgezeigten Ideen läge bei 500 Millionen Euro im Jahr.

Um für alle Städte und Gemeinden im VRS-Gebiet das Koalitionsziel von sechzig Prozent mehr ÖPNV-Angebot zu realisieren, müssten für das VRS-Gebiet jährlich mindestens 870 Millionen Euro aufgewendet werden. Dies unter der Prämisse, dass bei der nötigen Angebotssteigerung auch die Nachfrage signifikant steigt. Das macht einen Mehrbedarf an Finanzmitteln von mindestens 300 Millionen Euro jährlich gegenüber dem Status quo.

Durch die aktuell hohen Kostensteigerungen (Personal, Energie etc.) sowie die vorgeschriebenen Investitionen in alternative Antriebe steigt dieser Mehrbedarf in den nächsten Jahren voraussichtlich auf bis zu 500 Millionen jährlich. „Das Gutachten beziffert passgenau zu den Zielen des Koalitionsvertrages für die Verkehrswende in NRW die notwendigen Aufwände zum ÖPNV-Ausbau für den VRS“, fasst Michael Vogel, Geschäftsführer des VRS, zusammen.

Vogel: „Es belegt schwarz auf weiß die großen Potenziale weiterer Finanzierungsansätze. Neben Nutzern und öffentlicher Hand sollten die Nutznießer stärker in die Verantwortung genommen werden. Wir freuen uns, der Politik mit diesem Gutachten hierzu eine fundierte Grundlage an die Hand geben zu können.“

Bernd Kolvenbach (CDU), Vorsitzender der VRS-Verbandsversammlung und Kreistagsabgeordneter in Euskirchen: „Weder können die Kommunen einen noch größeren Beitrag leisten, noch wollen wir den Fahrgästen eine immer größere Belastung aufbürden. Doch der ÖPNV braucht dringend zusätzliche finanzielle Mittel.“

Siehe auch: Echte Entlastungen bei Rekordinflation schaffen

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