SWEG gibt Ex-Abellio-Netze wieder ab
20.10.22 (Baden-Württemberg) Autor:Stefan Hennigfeld
Die Südwestdeutsche Landesverkehrs-GmbH (SWEG) wird sich an der anstehenden Ausschreibung der derzeit durch die SWEG Bahn Stuttgart GmbH (SBS) gefahrenen Verkehre nicht beteiligen und damit das Unternehmen SBS nicht dauerhaft übernehmen. Das hat der SWEG-Aufsichtsrat im Rahmen seiner regulären Sitzung am Freitag, 14. Oktober 2022, einstimmig beschlossen.
„Wir haben uns die Entscheidung nicht leichtgemacht“, erläutert der Aufsichtsratsvorsitzende Uwe Lahl, „aber die unkalkulierbaren Streikmaßnahmen der GDL waren der zentrale Grund, so zu entscheiden.“ Zudem hat der Aufsichtsrat nochmals seinen Beschluss bekräftigt, dass die Geschäftsführung keine Verhandlungen über einen Konzerntarifvertrag mit der GDL führen darf. Hintergrund ist der seit dem Sommer andauernde Konflikt mit der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL), die in den Verhandlungen für ein Tarifwerk der SBS einen Konzern-Tarifvertrag für die gesamte SWEG-Unternehmensgruppe fordert.
Vom 14. bis 17. Oktober lief der letzte Streik. Die derzeit von der SBS gefahrenen Strecken im Stuttgarter Netz/Neckartal wurden bis zum Jahreswechsel 2021/22 von Abellio Rail Baden-Württemberg GmbH befahren. Da die Abellio-Tochter Insolvenz anmelden musste, hatte die SWEG im Rahmen einer Notmaßnahme das Unternehmen für zunächst zwei Jahre übernommen. Nach der jetzigen Entscheidung des SWEG-Aufsichtsrates ist klar, dass es spätestens Ende 2023 zum Wechsel des Eigentümers der SBS kommen wird.
Unklar ist, was das für die weitere Entwicklung des Regionalverkehrs in Baden-Württemberg bedeuten wird. Dort hat die grün-schwarze Landesregierung zuletzt politische Schritte unternehmen, einerseits politische Möglichkeiten jenseits der wettbewerblichen Vergabe zu schaffen, andererseits aber ohne sich dafür von der DB AG politisch abhängig zu machen.
Die SWEG hätte so gesehen die Rolle einer Landeseisenbahn spielen können, auf die man zurückgreifen kann ohne sich von privaten Akteuren oder der DB AG abhängig zu machen. Auch dass man bei den Ausbauten im Stuttgarter S-Bahnnetz nicht das Bundesunternehmen DB Netz beauftragt hat, sondern die kommunale Stuttgarter Straßenbahn AG (SSB AG), bislang ein rein kommunaler Akteur, mit Bau und Betrieb der Infrastruktur beauftragt, geht in diese Richtung. Ob die Entscheidung endgültig ist oder ob man mit politischer Einflussnahme rechnen muss, bleibt abzuwarten.
Für die GDL steht fest: Man wird nicht auf branchenübliche Bezahlung im gesamten Konzern verzichten – und auch nicht beim neuen Betreiber der ehemaligen Abellio-Netze. „Alles, was Eisenbahn ist, hat ein einheitliches Tarifniveau zu haben. Das ist unsere Zielsetzung seit 2010“, so der GDL-Bundesvorsitzende Claus Weselsky. „Das lassen wir uns auch von einer Landeseisenbahn, die im Eigentum des Landes Baden-Württemberg steht, nicht in Frage stellen.“ Dabei spiele es keine Rolle, was der Aufsichtsrat oder die Landesregierung wünscht, so Weselsky.
Foto: Land Baden-Württemberg