Eisenbahnjournal Zughalt.de

Nachrichten über Eisenbahn und öffentlichen Verkehr

E-Fähren nach Baukastenprinzip vorgestellt

13.09.22 (Allgemein) Autor:Stefan Hennigfeld

Schiff des Jahres 2022 ist die norwegische Elektro-Passagierfähre Medstraum. Sie ist die weltweit erste emissionsfreie, elektrisch betriebene Hochgeschwindigkeitsfähre im Linienbetrieb. Vier Jahre arbeitete ein europäisches Konsortium im Forschungsprojekt TrAM an revolutionären Methoden, um Elektro-Passagierfähren künftig schneller und kostengünstiger zu entwickeln – und unsere Mobilität nachhaltiger zu machen.

Die Ansätze, an denen das Fraunhofer-Institut für Entwurfstechnik Mechatronik IEM sowie das Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation IAO beteiligt waren, sollen für künftige Fährprojekte siebzig Prozent Entwicklungszeit und 25 Prozent Herstellungskosten einsparen. Am 6. September erhielt die Fähre Medstraum die Auszeichnung Schiff des Jahres auf der Weltleitmesse für Maritimwirtschaft SMM in Hamburg.

Die Medstraum fährt seit Sommer 2022 im norwegischen Stavanger im Linienbetrieb. Um Fähren, die für gewöhnlich aufwendige und langwierige Einzelfertigungen sind, schneller und günstiger bauen zu können, setzte das EU-weite Tram-Projektkonsortium auf das Prinzip der Modularisierung. Wiederverwendbare Bausteine in Entwicklung und Produktion sollen den Schiffsbau deutlich schneller, effizienter und damit wettbewerbsfähiger machen.

Das Fraunhofer IEM verantwortet die Entwicklung einer ganzheitlichen Methodik, die die maritime Industrie künftig bei Entwurf und Bau modularer Fähren unterstützt. Mit Model-Based Systems Engineering erarbeiteten die Forscher ein gemeinsames Verständnis zwischen allen Entwicklungspartnern. Dreh- und Angelpunkt ist ein Systemmodell, das Komplexitäten und Abhängigkeiten in der Entwicklung transparent und handhabbar macht.

Der Clou: Das Systemmodell ist lösungsneutral und flexibel einsetzbar – ein Meilenstein im Schiffsbau. Die Analyse der Anforderungen verschiedener Fährtypen liefert Standardelemente für die Entwicklung, ähnlich einem Baukastenprinzip.

„Das Fraunhofer IEM bringt seine Engineering-Expertise bereits seit Jahren in der Automobilbranche und dem Maschinenbau ein, um individuelle Produkte in kurzer Entwicklungszeit zu realisieren. Erstmals haben wir unsere Ansätze nun erfolgreich in der maritimen Industrie eingesetzt. Die Wettbewerbsfähigkeit vollelektrischer Hochgeschwindigkeitsfähren wird durch modulares Design und modulare Herstellung deutlich erhöht. Dies ist ein wichtiger Baustein für das Erreichen der europäischen Klimaziele im Mobilitätssektor“, erläutert Christoph Jürgenhake, stellvertretender Abteilungsleiter Systems Engineering am Fraunhofer IEM.

Das Fraunhofer IAO hat untersucht, wie Städte ihre Mobilitätskonzepte an neue Technologien anpassen und wie die unterschiedlichen Schnittstellen zwischen Wasser- und Landmobilität zukünftig gestaltet sein müssen. Hierbei stand die Frage im Fokus, wie durch das gezielte Zusammenspiel von Wasser- und Landmobilität ein Beitrag für eine klimaneutrale und bedarfsgerechte urbane Mobilität geleistet werden kann.

Kommentare sind geschlossen.