NRW: Bilanz zum Neun-Euro-Ticket
29.08.22 (Nordrhein-Westfalen) Autor:Stefan Hennigfeld
Kurz vor Ende der Laufzeit des Neun-Euro-Tickets freut sich die Bahnbranche aus Nordrhein-Westfalen über die unvermindert hohe Beliebtheit des Angebots. Die in den vergangen drei Monaten millionenfach genutzten Tickets zwischen Rhein und Weser zeigten, wie gut die Aktion bei den Bürgern angekommen ist.
„Wir haben es geschafft, den ÖPNV und seine grundsätzliche Attraktivität – sowohl aus sozial- als auch aus umweltpolitischer Sicht – wieder stärker ins Bewusstsein weiter Teile der Bevölkerung zu bringen. Der Bekanntheitsgrad von 99 Prozent ist sensationell. Und neben dem Preis war der große Clou die Einfachheit bei Erwerb und Nutzung des Tickets,“ sagt Joachim Künzel, als Geschäftsführer des Nahverkehrs Westfalen-Lippe (NWL) für die Planung und Bestellung der Schienenverkehre in Westfalen zuständig und gleichzeitig Programmleiter der Brancheninitiative Fokus Bahn NRW.
Das Ticket habe die Leute dazu gebracht, den öffentlichen Verkehr zu nutzen, die dies sonst aus unterschiedlichen Gründen nicht getan hätten, bestätigten erste Ergebnisse aus der Marktforschung. Darauf gelte es nun aufzubauen. Jedoch dürfe die positive Resonanz nicht darüber hinwegtäuschen, wie viel Anstrengung es die Branche gekostet habe, das erhöhte Fahrgastaufkommen zu meistern.
„Wir haben alles gegeben, sind aber im System Bahn in Nordrhein-Westfalen deutlich an Belastungsgrenzen gestoßen. Dass die Neun-Euro-Ticket-Aktion trotz aller Widrigkeiten insgesamt ein Erfolg ist und war, verdanken wir nicht nur der Toleranz unserer Fahrgäste, sondern auch dem bemerkenswerten Engagement der rund siebentausend Mitarbeitenden im Schienenpersonennahverkehr von NRW“, bilanziert Marcel Winter, Geschäftsführer von National Express, einem der zehn Eisenbahnverkehrsunternehmen im Land. „Die Fahrgäste mussten leider manche Zugausfälle, Verspätungen und andere Ärgernisse hinnehmen. Hierfür möchte ich mich, stellvertretend auch für die anderen Betreiber im Land, ausdrücklich entschuldigen. Wir bedanken uns für das aufgebrachte Verständnis und die Geduld.“
Viele, auch coronabedingte, Krankheitsausfälle etwa bei Lokomotivführern oder in den Leitstellen sowie urlaubsbedingte Abwesenheiten hatten die Personalengpässe bei einigen der Unternehmen in den letzten Wochen verschärft.
Marcel Winter: „Auch an unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern geht die aktuelle welt- und gesellschaftspolitisch unsichere Lage nicht spurlos vorüber. Viele sind einfach am Ende ihrer Kräfte.“ Hinzu kämen zahlreiche Baustellen, verursacht unter anderem durch lang geplante und notwendige Baumaßnahmen im Schienennetz, die zusätzlich für Verzögerungen im Zugverkehr sorgten.
„Um die Klimaziele zu erreichen und die dafür notwendige Mobilitätswende in Gang zu halten, bedarf es schnell weiterer finanzieller Hilfe durch die Politik“, so Joachim Künzel. Das gelte gerade vor dem Hintergrund steigender Personal- und Energiekosten, die die Eisenbahnbranche belasten.