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Nachrichten über Eisenbahn und öffentlichen Verkehr

Einfach auch mal freuen

11.08.22 (Kommentar) Autor:Stefan Hennigfeld

Wir diskutieren über eine Nachfolgeregelung für das Neun-Euro-Ticket und über Zugausfälle, wie es sie in diesem Ausmaß selten gegeben hat. Es fehlt überall Personal und die Bauaktivität steigt. Öffentliche Verkehrsmittel werden trotz stark verbilligter Fahrscheine zunehmend unattraktiv. Der betriebliche Alltag entfernt sich immer mehr von dem, was die Eisenbahn- und ÖPNV-Branche in Hochglanzbroschüren verkaufen will.

Da ist es doch eine gute Nachricht, wenn man sich einfach mal darüber freuen kann, dass eine Kölner U-Bahnstation auf einer Briefmarke abgebildet wird. Ich habe keine Ahnung, ob eine Auflagenserie von knapp über drei Millionen Stück viel oder wenig ist, aber sehr wahrscheinlich werden viele Standardbriefe in unserer Republik in den kommenden Wochen und Monaten mit der erst 2013 eröffneten Kölner U-Bahnstation Heumarkt bedruckt sein.

Ein Stück Köln für ganz Deutschland, eine U-Bahnstation, die ihren Zweck erfüllt und die in der Kölner Innenstadt einen wichtigen Umsteigepunkt zwischen der unterirdischen Linie 5, den oberirdisch verkehrenden Linien 1, 7 und 9 sowie mehreren Buslinien der KVB darstellt. Dabei war der Bau der Nord-Süd-Stadtbahn, der schon in der Kaiserzeit geplant war und erst nach der Jahrtausende umgesetzt wurde, alles andere als problemlos. Erinnert sei noch einmal an den schrecklichen Einsturz des Kölner Stadtarchivs, bei dem zwei Menschen ihr Leben verloren haben.

Nun soll an dieser Stelle gar nicht über die juristische Aufklärung des Sachverhaltes diskutiert werden. Nein, freue wir uns einfach für die Kölner, dass sie einen Grund zum Feiern haben, dass ihre Station nun auf einer Briefmarke abgebildet ist. Der graue Alltag kommt früh genug zurück. Dabei ist die Station unabhängig von der traurigen Baugeschichte rund um die Nord-Süd-Stadtbahn allein aufgrund ihrer Größe faszinierend. Über fünfhundert normale Linienbusse könnten die Kölner Verkehrsbetriebe dort unterstellen – damit ist der Begriff der unterirdischen Kathedrale passend wie wohl sonst nirgendwo in der Domstadt.

Und unabhängig von den kurzfristig vorhandenen Problemen, so müssen gerade im urbanen Raum viele Menschen verlässlich mit öffentlichen Verkehrsmitteln zur Arbeit kommen. Eine Stadt wie Köln wäre wohl ohne Busse und Bahnen nahezu unbewohnbar, denn wie sähen die Straßen aus, wenn jeder mit dem Auto unterwegs wäre, weil es die Alternative des ÖPNV nicht gäbe? Das herauszustellen ist eine der Aufgaben der Branchenakteure, auch durch eine solche Aktion und durch die seit längerem immer wieder zu sehenden U-Bahnstationen auf verschiedenen Briefmarken der Deutschen Post.

Wichtig ist aber, dass man zunächst die grundständigen Probleme löst: Denn wenn das Neun-Euro-Ticket mit einer beispiellosen Serie an Zugausfällen in Kombination auftritt, dann läuft man Gefahr, dass so manch ein potentieller Fahrgast nach einigen Wochen des Ausprobierens für sich feststellt, dass es eigentlich doch nichts ist. Und genau das wollen wir nicht. Wir alle wollen gute öffentliche Verkehrsmitteln!

Siehe auch: Briefmarke mit KVB-Motiv erschienen
Foto: Deutsche Post AG / Kölner Verkehrsbetriebe AG

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