Attraktive Preise für eine attraktive Eisenbahn
25.08.22 (Kommentar) Autor:Stefan Hennigfeld
Im VRR-Raum wurde das Schokoticket schon kurz nach der Jahrtausendwende eingeführt. Inzwischen hat man mit Angeboten wie dem Youngticket auch die entsprechende Fortsetzung für junge Leute, die zwar nicht mehr die Schule besuchen, für die aber der Kauf eines regulären Monatstickets in der Ausbildung kaum darstellbar ist. Das ist auch gut so, denn so schafft man in jungen Jahren eine Kundenbindung, die idealerweise auch dann erhalten bleibt, wenn der Fahrgast durchaus die Alternative mit den vier Gummireifen hat und dennoch weiter auf der Schiene fährt.
Dabei sind Verbund- und Ländergrenzen natürlich immer schon ein Problem gewesen. Es ist noch gar nicht lange her, da kam für eine Fahrt von Remscheid nach Leverkusen der Grenzverkehrstarif zwischen VRR und VRS zur Anwendung. Was nach Berliner Mauer und deutscher Teilung klingt war auch noch lange Zeit danach tariflicher Alltag im Rheinland. Mit dem Einfach-Weiter-Ticket hat man auch hier eine Möglichkeit der intuitiven Nutzung geschaffen, die Zugangsbarrieren abbaut und dafür sorgt, dass weniger Leute alleine deshalb mit dem Auto fahren, weil das Monatsticket ja nicht so weit gilt und mögliche Anschlusstickets kaum zu erwerben sind.
Dabei ist es umso erfreulicher, dass man auch zwischen VRR und AVV diesen Weg geht, damit auch ein Jugendlicher aus Übach-Palenberg nach Mönchengladbach kann oder umgekehrt jemand aus Viersen nach Aachen fahren kann. Denn es sind genau diese Bruchstellen und Übergänge, die die Tarife oftmals unübersichtlich machen und wo die Fahrpreise dann für wenige zusätzliche Streckenkilometer deutlich steigen.
Mit kilometerbasierten Abrechnungstarifen hat man da eine mögliche Lösung, aber gerade vor dem Hintergrund des auslaufenden Neun-Euro-Tickets gibt es da natürlich auch andere Ideen. Eine davon hat der VDV auf den Tisch gelegt, dass man nämlich für 49 Euro ein landesweites Monatsticket kaufen kann und für 69 Euro ein bundesweites. Das sorgt einerseits für dauerhafte Entlastung bei den doch relativ hohen Fahrpreisen der letzten Jahre, andererseits verhindert man aber effektiv, dass reine Spaßfahrten zwischen Flensburg und Füssen gemacht werden.
Das Neun-Euro-Ticket hat nämlich sehr wohl auch den Effekt gehabt, dass so manch eine Party auf Sylt stattgefunden hat, die ohne dieses in der deutschen Eisenbahngeschichte einmalige Aktionsangebot sicher nicht dort, sondern in einer Schrebergartenanlage in Essen-Bergeborbeck oder im heimischen Partykeller stattgefunden hätte.
Hier muss man also einen Balanceakt üben: Um die Eisenbahn zu stärken sollen die Fahrpreise deutlich sinken, umgekehrt darf die Mobilität aber nicht so wertlos werden, dass die überfüllten Züge unbenutzbar werden. Zudem sollte man sich auch dafür hüten, am Ende eine Situation zu haben, bei der sich niemand mehr für gute Qualität interessiert, weil die Fahrten ja sowieso spottbillig sind. Deshalb: Mobilität kostet, aber der Preis muss vernünftig gewählt werden. Das ist in den nächsten Wochen und Monaten die große Herausforderung.
Siehe auch: AVV: School&Fun-Ticket wird umfangreicher
Foto: photoventura