Eisenbahnjournal Zughalt.de

Nachrichten über Eisenbahn und öffentlichen Verkehr

Verbände fordern mehr Tempo beim Deutschlandtakt

15.06.22 (Allgemein) Autor:Stefan Hennigfeld

Die Allianz pro Schiene kritisiert die Ampelkoalition und wirft der Bundesregierung vor, beim Ausbau des SPFV auf der Bremse zu stehen. Zentrale Adressat der Kritik ist Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP). „Beim zentralen Zukunftsprojekt Deutschlandtakt herrscht Stillstand bei der Umsetzung“, kritisiert Hans Leister, Vorstandsmitglied der Allianz pro Schiene. Leister untermauerte die Kritik mit dem Verweis auf den Umsetzungsstau des Ministeriums bei Schienen-Infrastrukturvorhaben.

„Die vom Zielfahrplan 2030 abgeleiteten 181 Infrastrukturmaßnahmen des Deutschlandtaktes sind samt und sonders in der Warteschleife. Kein einziges Vorhaben ist vom Ministerium so konkretisiert worden, dass mit der Umsetzung begonnen werden kann“, so Leister, der als Allianz pro Schiene-Vorstandsmitglied auch Co-Vorsitzender der beim Bundesverkehrsministerium angesiedelten Koordinierungsgruppe Deutschlandtakt ist.

Der Deutschlandtakt soll nach dem Bekunden der Bundesregierung der zentrale Hebel sein, um die Verkehrsleistung im Personenverkehr auf der Schiene bis zum Jahr 2030 zu verdoppeln und den Marktanteil der Güterbahnen auf mindestens 25 Prozent zu steigern. Die Realisierung der 181 aus dem Zielfahrplan abgeleiteten Infrastrukturprojekte bis zum Ende dieses Jahrzehnts ist zusammen mit den Maßnahmen zur Engpassbeseitigung aus dem sogenannten Bedarfsplan Schiene die Voraussetzung für die Ausweitung und Verbesserung des Schienenverkehrs in Deutschland.

Der damalige Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) hatte im August 2021 die 181 Infrastrukturmaßnahmen vorgestellt, die Konzeptionsphase für „vollendet“ erklärt und mit dem Slogan „öfter, schneller, überall“ die Umsetzungsphase des Deutschlandtaktes eingeläutet. Die Ampelkoalition hat den Deutschlandtakt als Schlüsselprojekt von der Vorgängerregierung übernommen und in der Koalitionsvereinbarung unter anderem versprochen, „erheblich mehr in die Schiene als in die Straße (zu) investieren, um prioritär Projekte eines Deutschlandtaktes umzusetzen“.

„Weder gibt es in diesem Haushaltsjahr mehr Geld für Schiene als für die Straße noch gibt es in diesem oder nächstem Haushaltsjahr Finanzierungssicherheit für die Infrastrukturmaßnahmen des Deutschlandtaktes“, monierte Leister. „Was wir endlich vom Bundesverkehrsminister brauchen, sind belastbare Planungen und Zeitpläne. Vor der Sommerpause muss Minister Wissing beim Deutschlandtakt für die überfällige Verbindlichkeit sorgen, sonst wird das nichts mit der Verdopplung der Fahrgastzahlen auf der Schiene.“

Dem hat man sich auch bei der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) angeschlossen. „Wir brauchen hier einen Sprint und kein Schneckentempo“, sagte der Stellvertretende EVG-Vorsitzende Martin Burkert. Die EVG begrüßt grundsätzlich, dass die angekündigte Beschleunigungskommission Schiene Ende Juni endlich ihre Arbeit aufnimmt. „Wir brauchen dringend Ergebnisse, damit der Ausbau der Schieneninfrastruktur schneller vorankommt“, so Burkert.

„Der aktuelle Bundeshaushalt 2022 ist verkehrspolitisch ein Rückschritt. Damit wird das erklärte Ziel der Bundesregierung, mehr Verkehr auf die Schiene zu verlagern, nicht erreicht“, so Burkert weiter. Vorhaben wie der Deutschlandtakt seien akut gefährdet, wenn es keinen deutlichen und nachhaltigen Aufwuchs der Investitionsmittel in die Schiene gebe.

Auch der Gewerkschafts-Vize übte deutliche Kritik an Verkehrsminister Wissing: „So schnell hat wohl noch kein neuer Verkehrsminister seinen Vertrauensvorschuss verspielt. Der Haushalt 2023 wird zeigen, wie ernst es die Ampelkoalition mit der Umsetzung ihrer verkehrs- und klimapolitischen Ziele wirklich meint.“

Dennoch wurde das SPFV-Angebot auch mit dem kleinen Fahrplanwechsel am 12. Juni weiter ausgebaut. Dabei steigt das wöchentliche Platzangebot erstmals auf über drei Millionen Sitzplätze. Das sind zwanzig Prozent mehr als im Sommer 2019. Ab Sonntag sind dabei so viele XXL-ICE wie nie zuvor im Einsatz: Auf den besonders nachgefragten Verbindungen bieten die 32 extragroßen ICE jeweils Platz für rund 1.000 Fahrgäste.

„Diesen neuen Sitzplatzrekord können wir Dank des kontinuierlichen Ausbaus des Fernverkehrsangebots und der Fahrzeugflotte verwirklichen. So schaffen wir genug Platz für die stark ansteigende Nachfrage. Die Reiselust ist in diesem Sommer größer als je zuvor“, sagt Michael Peterson, DB-Fernverkehrschef. Neben mehr Kapazitäten gibt es dabei auch neue Direktverbindungen.

Siehe auch: Den SPFV vernünftig organisieren

Kommentare sind geschlossen.