Mofair übt schwere Kritik an DB Netz
21.06.22 (Verkehrspolitik) Autor:Stefan Hennigfeld
Die Pünktlichkeit im Eisenbahnverkehr hat seit dem vierten Quartal 2021 neue Niedrigststände erreicht. Der Wettbewerberverband Mofair sieht hier maßgeblich das Management des Bundesunternehmens DB Netz verantwortlich: Mangelnde Koordination verschiedener Baumaßnahmen, fehlende Absprachen zwischen den Regionalbereichen der DB Netz, fehlende Ersatzteile, ständige Verletzung der (selbst gesetzten) Fristen der DB Netz, nicht besetzte Stellwerke und viele andere mehr.
Ein Umsteuern wurde seitens des DB-Konzerns oft angekündigt, Projekte und Strategien wurden mit viel Pomp präsentiert, später stillschweigend nicht weiterverfolgt und Mittel für die die Digitalisierung der Prozesse zusammengestrichen.
Verbandspräsident Tobias Heinemann: „Deutsche Bahn AG und Verkehrsminister Volker Wissing wollen in den kommenden Tagen eine neue Strategie zur Netzmodernisierung ankündigen. Wir hoffen sehr, dass sie dieses Mal erfolgreich ist. Angesichts der massiven wirtschaftlichen Folgen, die schlechte Infrastruktur für die Nutzer des Netzes haben, wäre es hochanständig, wenn die DB Netz bis auf weiteres einseitig auf pauschal zwanzig Prozent der Trasseneinnahmen verzichten würde. Wenn das Dach undicht ist, müsste ein Wohnungsmieter auch nicht die volle Miete zahlen.“ ´
Ein solcher Abschlag, so Heinemann weiter, „wäre eine Entlastung des Sektors und eine Investition in seine Zukunftsfähigkeit. Erst wenn die Grundsatzentscheidungen zur gemeinwohlorientierten Infrastrukturgesellschaft getroffen worden sind und sich erste positive Effekte einstellen, sollten wieder die regulären Gebühren fällig werden. Perspektivisch halten wir im Einklang mit dem Koalitionsvertrag an der Einführung des Grenzkostenprinzips fest.“
Verspätungen oder gar Zugausfälle sind immer misslich: Für die Betroffenen sowieso; und für die Glaubwürdigkeit der Branche, bei der Abmilderung des Klimawandels Teil der Lösung und nicht ein weiteres Problem zu sein, sind sie derzeit besonders verheerend. In Zeiten des Neun-Euro-Tickets, da die Aufmerksamkeit besonders auf die Leistungsfähigkeit des Systems Schiene gelenkt wird, gilt dies umso mehr.
Der Bundesgerichtshof hat im Februar 2021 festgestellt, dass die DB Netz für die wirtschaftlichen Folgeschäden aus schlechter Infrastruktur haften, in welcher Höhe, müssen die Gerichte noch entscheiden. Der BGH hat ferner festgestellt, dass es sich bei den Infrastrukturnutzungsverträgen der DB Netz um atypische Mietverträge handelt.
Insofern wäre ein pauschaler Abschlag auf den regulären Trassenoreis analog eine Mietminderung. Im SPNV werden die Leistungsentgelte gekürzt, wenn eine gewisse Pünktlichkeitsschwelle nicht erreicht wird. Dabei ist es egal, ob das Verkehrsunternehmen die Ursache für die Verspätung beeinflussen kann oder nicht. Im Fern- und Güterverkehr sorgen ständige Verspätungen für weniger Einnahmen: Fahrgäste bleiben weg, Verlader im Güterverkehr weichen doch wieder auf den LKW aus.
Foto: Deutsche Bahn AG / Christian Bedeschinski