#9für90: Zusätzliche Fahrten in Nordrhein-Westfalen
09.06.22 (Nordrhein-Westfalen) Autor:Stefan Hennigfeld
Der Start des Neun-Euro-Tickets stellt auch die Eisenbahnbranche in Nordrhein-Westfalen vor Herausforderungen. Das lange Pfingstwochenende wurde dabei zu einer ersten großen Belastungsprobe. Die Erhöhung der Sitzplatzkapazitäten auf vielen Linien sowie der Einsatz von mehr Servicepersonal sollen bis Ende August dazu beitragen, der erwarteten zusätzlichen Nachfrage im SPNV gerecht zu werden und die Fahrgäste möglichst gut an ihr Ziel zu bringen.
Vom 1. Juni bis zum 31. August 2022 dürfen Fahrgäste den gesamten Nahverkehr deutschlandweit in der zweiten Klasse nutzen – und zahlen dafür nur neun Euro im Monat. Bereits vor dem offiziellen Start wurden nach Erhebungen des Verbands Deutscher Verkehrsunternehmen rund sieben Millionen #9für90-Tickets verkauft, davon mehr als 1,5 Millionen in NRW. In Nordrhein-Westfalen betrifft das insbesondere die touristischen Regionen, wie etwa das Sauerland, Rheintal, Münsterland oder die Eifel, aber auch Großstädte mit attraktiven Freizeitangeboten wie Köln, Düsseldorf oder Münster.
Es wird damit gerechnet, dass die Nahverkehrszüge in NRW gerade an den Wochenenden stark für Transitreisen genutzt werden, um Ziele in ganz Deutschland zu erreichen. Die der Aufgabenträger Nahverkehr Rheinland (NVR), Nahverkehr Westfalen-Lippe (NWL) und Verkehrsverbund Rhein-Ruhr (VRR) setzen zusammen mit dem Verkehrsministerium und den Eisenbahnverkehrsunternehmen im Land alles daran, den Verkehr auf der Schiene so reibungslos wie möglich abzuwickeln.
Zwar können in der Kürze der Zeit keine neuen Fahrten bestellt und Fahrzeuge angeschafft werden, aber auf den zentralen Achsen kommen alle verfügbaren Fahrzeuge zum Einsatz. Die dort verkehrenden Linien sind mit maximal möglicher Sitzplatzstärke unterwegs.
Joachim Künzel, Geschäftsführer des NWL, unterstreicht das Engagement der Branche: „Wir haben das Wohl der Fahrgäste im Blick und stellen uns gemeinsam den Herausforderungen beim Neun-Euro-Ticket. Obwohl der Bund keine Mittel für zusätzliche Verkehre bereitstellt, setzen die Aufgabenträger alles daran, mehr Kapazitäten zu schaffen. Die Eisenbahnverkehrsunternehmen bringen alle verfügbaren Fahrzeuge auf die Schiene.“
Das Ticket bietet auch Chancen für die Branche, nach dem coronabedingten Fahrgastrückgang wieder mehr Menschen für den öffentlichen Verkehr zu begeistern, wie Ronald Lünser, Vorstandssprecher des VRR, erklärt: „Viele Menschen werden den öffentlichen Verkehr jetzt neu oder wieder entdecken. Wir wollen erreichen, dass die Reisenden zufrieden sind und von der Attraktivität des Systems überzeugt werden. Nur so kann es gelingen, einen Teil der Fahrgäste langfristig zu halten und die Mobilitätswende weiter voranzubringen.“
Trotz intensiver Vorbereitungen ist den Verantwortlichen klar, dass die steigende Nachfrage verbunden mit Baustellen im System hier und da zu Verzögerungen führen wird. Heiko Sedlaczek, Geschäftsführer des NVR: „Die Infrastruktur im Land muss weiter ertüchtigt werden, um langfristig einen leistungsfähigen Schienenverkehr sicherzustellen. Wir tun unser Bestes, um die Einschränkungen so gering wie möglich zu halten, werden Beeinträchtigungen durch lange geplante Baumaßnahmen im DB-Netz aber nicht gänzlich vermeiden können. Ich empfehle allen Reisenden, sich vor Fahrtantritt in den Online-Fahrplanauskunftssystemen über mögliche Änderungen zu informieren.“
Auch der Personaleinsatz wird verstärkt. Die Eisenbahnverkehrsunternehmen setzen zusätzliche Mitarbeiter in Bahnhöfen, Werkstätten sowie bei der Zugreinigung ein und verkürzen die Reinigungsintervalle. So sind an stark frequentierten Stationen Reisendenlenker unterwegs, insbesondere an den Wochenenden und an den Feiertagen. Diese kümmern sich neben der Information darum, dass sich die Fahrgäste besser am Bahnsteig verteilen, damit alle möglichst zügig ein- und aussteigen und die Züge pünktlich abfahren können. Zudem unterstützt zusätzliches Sicherheitspersonal die Service-Kräfte.
Marcel Winter, Geschäftsführer von National Express und Programmleiter der Brancheninitiative Fokus Bahn: „Es wird an einzelnen Bahnhöfen und in bestimmten Zügen voll werden. Wir wollen dafür Sorge tragen, dass die Sicherheit der Fahrgäste gewährleistet ist und Verspätungen infolge des hohen Fahrgastwechsels möglichst gering ausfallen. Zugleich appellieren wir an die Reisenden, in der einen oder anderen Situation etwas Geduld und Verständnis mitzubringen.“
Siehe auch: Die Chancen nutzen, die sich bieten