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Zurück in die Normalität

05.05.22 (Kommentar) Autor:Stefan Hennigfeld

Zunächst einmal zeigt sich, dass man während der Corona-Pause, gerade im Jahr 2020, Zuverlässigkeitswerte hatte, die sich bei hoher Nachfrage nicht so ohne weiteres wiederholen lassen. Dass man jetzt wieder auf dem Vorkrisenniveau von 2019 angekommen ist, zeigt die Rückkehr zur Normalität. Aber es zeigt auch, wie wichtig das regelmäßige Controlling durch die Aufgabenträger ist.

Nun bewertet man im Freistaat Bayern die Pünktlichkeitswerte getrennt von anderen Qualitätsmerkmalen, weil das Eisenbahnverkehrsunternehmen hier nur einen bedingten Einfluss hat. Und es kann durchaus im Sinne einer insgesamt zuverlässigen Eisenbahn sein, wenn ein Zug bei starken Umsteigeaktivitäten auf einen verspäteten anderen Zug wartet, sodass aus einer Verspätung von zehn Minuten nicht im Handumdrehen eine Stunde wird. Denn vergessen wir nicht: Mit dem Auto bleiben zehn Minuten immer zehn Minuten, da gibt es die Problematik weggefahrener Anschlusszüge nicht.

Umso wichtiger ist auch, dass die verschiedenen Betreiber im Regelbetrieb miteinander sprechen und nicht, wie in den Anfangsjahren der liberalisierten Eisenbahn, den Fahrgästen nur sagte, dass der Anschlusszug irgendwas privates sei und dass „die Bundesbahn“ da keinen Einfluss habe. Hier hat sich zurecht eine Menge getan und das auch durch das große Engagement guter Aufgabenträger, die eine entsprechende Kommunikation zwischen den Betreibern in ihren Verkehrsverträgen vorgegeben haben.

Doch so wie das Eisenbahnverkehrsunternehmen keinen Einfluss darauf hat, wenn die Infrastruktur insgesamt verfällt und dadurch Verspätungen entstehen, so hat es umso mehr Einfluss auf die Sauberkeit in den Zügen und auf die An- oder Abwesenheit von Personal. Ein Zugbegleiter, der als Ansprechpartner für die Fahrgäste Präsenz zeigt ist eben deutlich positiver zu bewerten, als einer der in der ersten Klasse sitzt und Zeitung liest. Hier hat das Verkehrsunternehmen Einfluss und hier sind diese entsprechend zu bewerten.

Hier muss man nicht nur bei zukünftigen Verkehrsverträgen rangehen, sondern wenn es irgendwie mögliche ist, müssen auch laufende Verkehrsverträge entsprechend angepasst werden. Natürlich kann dem Fahrgast egal sein, ob sein Zug ausfällt, weil kein Lokomotivführer da ist oder ob der Zug nicht fahren kann, weil er seit Stunden in vierzig Kilometern Entfernung vor einem kaputten Bahnübergang steht, den das Infrastrukturunternehmen zu verantworten hat. Es ist allerdings dennoch in der Bewertung des Zugausfalls ein erheblicher Unterschied.

In einer Branche, die ohnehin ein weitgehendes Selbstverständnis von Business-to-Business anstatt von Business-to-Customer hat (die Kunden sind die Aufgabenträger, die Fahrgäste sind die Nutzer), kann man das auch problemlos so durchziehen. So wird gewährleistet, dass ein Betreiber nicht in Schieflage gerät durch externe Umstände, dass aber dennoch intensiv gegen selbstverschuldete Missstände vorgegangen wird. So kann man die Eisenbahn in guter Qualität fit für die Zukunft machen.

Siehe auch: BEG stellt Pünktlichkeitsstatistik 2021 vor
Foto: Deutsche Bahn AG / Uwe Miethe

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