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Schwere Zeiten

04.04.22 (Kommentar) Autor:Stefan Hennigfeld

Es sieht ganz insgesamt nicht gut aus: Obwohl der inländische Eisenbahnverkehr immer wieder als „Brot- und Buttergeschäft“ bezeichnet wurde, ist genau das der Verlustbringer. Die Auslandsaktivitäten oder auch alles, was man im Bereich Logistik macht, ist ja ein ganz anderes Thema. Aber der innerchinesische Lastwagenverkehr oder irgendwelche Bimmelbahnen in Tschechien sind eben gerade nicht das, wofür der Bund seine bundeseigene Aktiengesellschaft immer wieder vor dem finanziellen Kollaps rettet.

Und siehe da: Die Infrastruktursparten haben wieder Gewinn gemacht und seltsamerweise wird hier auch eine „marktübliche“ Rendite verlangt, die man trotz absurder Niedrigzinspolitik im Euroraum auch nicht aufzugeben bereit ist. Anders sieht das auch in den Sektoren, in denen man mit Konkurrenz leben muss, also in den Verkehrssparten. Da kann man auch mal in die Kampfpreise gehen.

Dabei haben wir erst vorletzte Woche gesehen, dass uns doch erhebliche Probleme drohen können, wenn es eben doch nicht so läuft, wie es soll. Wenn alle Güterzüge auf den Abstellgleisen festgehalten werden müssen, weil das Bundesunternehmen DB Energie nicht mehr in der Lage ist, ausreichende elektrische Spannung in den Oberleitungen vorzuhalten, dann ist die Grenze der Unzumutbarkeit nicht nur erreicht, sondern deutlich überschritten.

Hier zeigt sich, dass ein solcher Vorfall zum einen einer Aufklärung durch die Bundesnetzagentur bedarf, die auch die entsprechenden Kompetenzen haben muss, einzugreifen, dass es aber auch politische Folgen braucht. Im Koalitionsvertrag haben sich SPD, FDP und Grüne darauf geeinigt, die Eisenbahninfrastruktur zukünftig nach gemeinwirtschaftlichen Gesichtspunkten zu betreiben.

Dazu muss auch gehören, dass sie nicht mehr zur Querfinanzierung defizitärer anderer Aktivitäten des Konzerns beitragen darf. Solange die Straßen bedarfsgerecht finanziert werden, die Eisenbahn aber Rendite zugunsten eines Bundeskonzerns erwirtschaften muss, der sich auch ohne Börsengang so verhält, wie es in diversen Worst-Case-Szenarien befürchtet worden wäre, hat die Schiene einen strukturellen Wettbewerbsnachteil.

Jetzt kann man natürlich sagen, dass das mit der marktwirtschaftlichen Transformation der Eisenbahn ohnehin nicht klappt – zumindest nicht im Bereich der Daseinsvorsorge im Personenverkehr. Dabei kann man in einem regionalisierten Eisenbahnsektor ja durchaus mit landeseigenen Unternehmen auf der Schiene arbeiten, die dann auch von den Ländern kontrolliert werden. Die Hessische Landesbahn oder die erst jüngst gestärkte SWEG zeigen das.

Man sieht vor allem, dass es gerade nicht das Bundesunternehmen ist, das in einer Reverstaatlichung gefragt wäre, auch wenn der Konzern gerne wieder Direktvergaben akquirieren und von Großausschreibungen ohne konkurrierende Bieter profitieren würde. Entsprechend merkt man jetzt bereits, dass eine solche politische Debatte aufgebaut wird. Aber: Die DB AG ist ein knallharter kapitalistischer Konzern. Das sollte jeder wissen.

Siehe auch: DB AG: Erneut rote Zahlen 2021
Foto: Deutsche Bahn AG / Max Lautenschläger

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